Nie war der Zeitpunkt besser, in Solarenergie zu investieren, nie lohnender, nie sinnvoller»: Mit diesen Worten wirbt die Tochtergesellschaft des Basler Energieproduktions- und Versorgungsunternehmens IWB, Planeco, um Aufträge für den Bau von Solaranlagen – insbesondere in hochalpinen Lagen. Der Aufwand sei tief, der Bedarf nach Energie, insbesondere im Winter, enorm, erklärt Planeco. Es sei dem Bauunternehmen unbenommen, mit solchen werbewirksamen Worten Aufträge zu akquirieren.

Weit weniger hochtrabend klingen aber die Stimmen aus dem Mutterhaus, der Industriellen Werke Basel (IWB), die sich an den drei alpinen Projekten Grengiols, Parsenn und Samedan beteiligen. Die IWB schreiben: «Solche alpinen Projekte sind ohne Unterstützung (des Bundes) wirtschaftlich nicht machbar.» Klar ist für das Energieunternehmen auch, dass der zu erwartende Strompreis ihrer Solarkraftwerke trotz Förderung des Bundes – in der Regel 60 Prozent – «deutlich über den aktuellen Strommarktpreisen liegen wird».

 

Recht auf Abschaltung

Den Glauben an den «Solarexpress», wie der subventionierte Fotovoltaikausbau in den Alpen heisst, hat Swissolar, der schweizerische Fachverband der Solarbranche, aber nicht verloren. Der Lobby-Verband weist ein «beispielloses, exponentielles Wachstum» der Solarenergie in der Schweiz aus. Das Wachstum wird allerdings von Privaten verursacht, die kaum Renditerechnungen anstellen und aus ideellen Gründen Anlagen auf ihren Dächern installieren. Wer Solarstrom für andere produziert, wird mit den Regeln des Strommarkts konfrontiert und muss sich auf Renditerechnungen abstützen. Hier sieht die Welt anders aus. Urs Steiner, Verwaltungsratspräsident der IWB, sagt: «Es ist wegen der Einsprachen enorm schwierig, ein Projekt zu realisieren, und gleichzeitig bekunden wir enorme Schwierigkeiten, die Produktionskosten trotz Subventionierung wirtschaftlich zu halten.»

Die astronomischen Investitionen der Solarbranche werden im Vergleich mit Wasserausbauprojekten deutlich. Zwei Beispiele in den Hochalpen, die staatliche Förderungen nutzen, verdeutlichen dies: das alpine Solar-Pionierprojekt Sedrun im Bündnerland sowie die geplante Staumauer Gornerli oberhalb von Zermatt.

Das Projekt im Wallis kostet rund 300 Millionen Franken. Dank dieser Investition wird die Eigentümergemeinschaft der Grand Dixence SA dereinst 650 Gigawattstunden pro Jahr verkaufen können – und zwar im Winter, wenn der Strom gebraucht wird. Ein angenehmer Effekt neben der Möglichkeit, Energie zu speichern und dann abzurufen, wenn sie gebraucht wird: Der Staudamm Gornerli wird die Matter-Region vor Hochwasser schützen.

Die Bündner Anlage in Sedrun ist das einzige Projekt, das bis in knapp einem Jahr mindestens 10 Prozent der erwarteten Leistung ins Netz bringt. Sedrunsolar ist mehr als zwei Drittel günstiger als das Gornerli und kostet rund 85 Millionen Franken, produziert allerdings vielfach weniger Strom. Man werde pro Jahr 29 Gigawattstunden Strom ernten, davon fünfzehn im Sommer – wenn er leider kaum benötigt wird. Wegen der drohenden Solarstrom-Überproduktion im Sommer sichern sich übrigens heute schon Stromunternehmen die Rechte, den Privaten die Anlagen bei Bedarf abstellen zu dürfen. Dies, um das Netz stabil zu halten.

Die Grande Dixence SA betont, dass sich das Projekt «Mehrzweckspeicher Gornerli» nicht mit einer Solaranlage vergleichen lasse. Doch kümmert dies einen Investor? Klar ist ihm, dass ein Investitionsfranken fürs Gornerli gut dreizehnmal mehr abwirft als für Sedrunsolar.

Was die Produktion von hochalpiner Solarenergie wirklich kostet und zu welchem Preis der hochalpine Solarstrom am Markt verkauft werden müsste, ist ein gutgehütetes Geheimnis der Investoren. Die Bernische Kraftwerke AG (BKW) mit diversen Projekten im Portfolio gibt dazu keine Auskunft. Die BKW schreibt nur: «Aus rein ökonomischen Gründen lohnt es sich für die BKW nicht, alpine Solaranlagen zu bauen.» Man sähe allerdings einen Beitrag an die Versorgungssicherheit der Schweiz, vor allem in den Wintermonaten.

Die BKW kann es sich leisten, ihren wahren Solarstrompreis geheim zu halten. Deren Endkunden ist es unmöglich, ihren Anbieter zu wechseln. So kann die BKW ihren gebundenen Stromabnehmern den teuren Solarstrom aufzwingen – durchmengt und verwaschen im Strommix aus konventioneller Produktion.

Anders der Energiekonzern Axpo: Das grösste Energieunternehmen der Schweiz hat keine gebundenen Endkunden. Die Holding muss den Strom entweder an der Strombörse verkaufen oder direkt an regionale Energieversorger, gegebenenfalls auch mittels eines langjährigen Vertrags an ein Unternehmen. Dazu schreibt die Axpo: «Ohne direkte Endkunden steht die Axpo vor der Herausforderung, langfristige Abnahmeverträge abzuschliessen, die stark schwankende Strompreise ausgleichen und Projekte wirtschaftlich tragfähig machen.» Axpo-Chef Christoph Brand wählt inzwischen bei seinen öffentlichen Auftritten deutliche Worte: «Solarpanels sind unbezahlbar.» Jene auf den Dächern und besonders jene in den Alpen.

Um Transparenz ist die Axpo jedenfalls bemüht. Im Internet hat sie einen «Power Switcher» aufgeschaltet, der die zukünftige Stromversorgung und die komplexen Mechanismen zur Strompreisbildung der Schweiz für ein breites Publikum zugänglich macht. Im Ergebnis sieht das so aus, dass für einen Investor bei alpinen PV-Anlagen fixe Kosten von 267 Franken pro Megawattstunde entstehen, bei einem gleichzeitigen Ertragsverlust von 200 Franken pro Megawattstunde. Am besten schneiden Kernkraftwerke und Flusskraftwerke mit fixen Investitionskosten von rund 75 Franken bei einem gleichzeitigen Ertragsgewinn von 22 Franken pro Megawattstunde ab.

 

Euphorie verflogen

Hinter vorgehaltener Hand heisst es, der reale Marktpreis für eine Megawattstunde aus alpiner Solarproduktion liege zwischen 600 und 700 Franken. Für die Megawattstunde werden an der Börse im Durchschnitt aber nur zwischen 70 und 80 Franken bezahlt.

Das Bundesamt für Energie versprach, jährlich zwei Terawattstunden durch alpine Fotovoltaikanlagen zu gewinnen, als man das Parlament auf den sogenannten Solarexpress, die Förderung alpiner Anlagen, einschwor. Die Euphorie ist verflogen – von der geplanten Panel-Anbauschlacht bleibt nur Ernüchterung. Die Axpo hat die Produktion auf 0,81 Terawattstunden zurückgestuft. Von den 74 alpinen Solarprojekten, die der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen aufführt, wurden 33 bereits gestrichen. Neun befinden sich noch in der Ideenphase. Nur vier Anlagen sind bewilligt.

«Wir sind auch dabei – pour la galerie», sagt ein Verwaltungsrat eines Energiekonzerns gegenüber der Weltwoche. Ehrlicherweise hoffe er auf Einsprachen der Umweltverbände, so dass man sich vom Verlustgeschäft ohne Gesichtsverlust zurückziehen könne.