Am 26. September 2022 wurden drei von vier Nord-Stream-Pipelines durch Sprengsätze zerstört. Über Nacht verlor Europa 45 Prozent seines aus Russland importierten Erdgases. Doch überraschenderweise reagierten die westlichen Politiker und Medien auf den zerstörerischen Akt mit Desinteresse oder gar völligem Schweigen.

Mehr als vier Monate nach dem Anschlag, am 8. Februar 2023, veröffentlichte Seymour Hersh, einer der führenden Enthüllungsjournalisten der letzten fünfzig Jahre, einen Artikel mit dem Titel «Wie Amerika Nord Stream zerstörte». Hersh legte dar, dass die Marine der Vereinigten Staaten, auf Anweisung von Präsident Joe Biden persönlich, für den Angriff verantwortlich sei. (Der Artikel wurde in Weltwoche Nr. 7/23 nachgedruckt; die Red.) Das Weisse Haus reagierte umgehend und bezeichnete Hershs Behauptungen als «völlig falsch und frei erfunden».

Hershs Bericht birgt eine Menge Sprengstoff. Er identifiziert die USA nicht bloss als alleinigen Aggressor eines staatsterroristischen Aktes. Offenbar hatte Biden den Akt in Auftrag gegeben, ehe Putin überhaupt den Krieg angefangen hat. «Bidens Entscheidung, die Pipelines zu sabotieren, kam nach mehr als neun Monaten hochgeheimer Debatten innerhalb der nationalen Sicherheitsgemeinschaft Washingtons», schreibt Hersh. Das bedeutet, dass die Entscheidung zum Angriff zwei Monate vor dem Einmarsch Russlands am 24. Februar 2022 getroffen wurde.

Einige Medien und Politiker kommen daher zum Schluss, dass die Vereinigten Staaten unabhängig von den Entwicklungen in der Ukraine einen kriegerischen Akt gegen Russland planten. Und dass die russische Invasion für Washington nur ein Vorwand war, um einen Plan auszuführen, den die US-Regierung lange zuvor ausgearbeitet hatte.

Diese These lässt sich durch Hershs Text nicht eindeutig stützen. Er schreibt, eher vage: «Im Dezember 2021, zwei Monate bevor die ersten russischen Panzer in die Ukraine rollten, berief [der Nationale Sicherheitsberater, d. Red.] Jake Sullivan eine Sitzung einer neugebildeten Task-Force ein – Männer und Frauen aus den Reihen der Stabschefs, der CIA, dem Aussen- und dem Finanzministerium – und bat um Empfehlungen, wie man auf Putins bevorstehende Invasion reagieren sollte.»

Wir haben uns mit Seymour Hersh in Verbindung gesetzt, um von dem legendären Investigativreporter persönlich Genaueres über seine Kenntnisse der Motive und des Ablaufs des Anschlags sowie über die Kritik, die sein Artikel hervorgerufen hatte, zu erfahren.

Weltwoche: Seymour Hersh, war der Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines als Option für den Fall geplant, dass Putin tatsächlich in die Ukraine einmarschieren würde, oder sollte der Plan ausgeführt werden, unabhängig davon, was Putin letztendlich tun würde?

Seymour Hersh: Das ist eine interessante Frage. Ich weiss es nicht. Ich weiss nicht, was im Kopf des Präsidenten vorgeht. Ich kann indessen mit Bestimmtheit sagen, dass sich die Vereinigten Staaten seit der Kennedy-Ära in den frühen 1960er Jahren öffentlich über die Tatsache besorgt zeigen, dass Russland über riesige Öl- und Erdgasfelder verfügt. Wir haben die Idee der Nord-Stream-Pipelines von Anfang an abgelehnt. Uns hat es immer missfallen, dass Deutschland einen direkten Zugang zu billigem russischem Gas haben soll.

«Uns hat es immer missfallen, dass Deutschland Zugang zu billigem russischem Gas hat.»Weltwoche: Sie erinnern daran, dass Biden eine Art Drohung aussprach, als er sich Anfang letzten Jahres mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz im Weissen Haus traf. Er sagte, dass die Entscheidung Putins, ob er die Ukraine angreift, über das Schicksal von Nord Stream 2 entscheiden werde. «Wenn Russland einmarschiert, das heisst Panzer und Truppen wieder die Grenze zur Ukraine überqueren, dann wird es Nord Stream 2 nicht mehr geben», so Biden. «Wir werden dem ein Ende setzen.» Auf die Frage, wie genau das erreicht werden solle, sagte Biden kryptisch: «Ich verspreche Ihnen, dass wir das schaffen werden.»

Hersh: Unsere Abneigung gegen die Nord-Stream-Pipelines war nichts Neues. Biden selbst sprach in einer Rede in der Türkei auf einer Konferenz, als er Vizepräsident unter Obama war, sogar von den Gefahren dessen, was wir immer als Bewaffnung des Gases bezeichneten.

Weltwoche: Gemäss Ihrer Recherche war es im Dezember 2021, als der Plan, Nord Stream anzugreifen, ins Auge gefasst wurde, richtig?

Hersh: Das war vor Weihnachten, ich glaube, es war der 20. oder 21. Dezember.

Weltwoche: Wie Sie schreiben, war Bidens nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, eine Schlüsselfigur bei der Ausarbeitung des Plans. Sie identifizieren Aussenminister Antony Blinken als weiteren Hauptakteur. Ebenso Victoria Nuland, die seit vielen Jahren in der Ukraine engagiert ist und die bereits die Maidan-Proteste 2014 im Namen der Obama-Regierung aktiv unterstützt hatte.

Hersh: Sagen wir es deutlich. Wir haben im Grunde geholfen, eine ziemlich schwache Regierung [von Wiktor Janukowytsch, d. Red.] zu stürzen. Es war eine prorussische Regierung. Es ist keine Frage, dass wir daran beteiligt waren.

«Ich hoffe, Sie glauben nicht, dass meiner Regierung die Geschichte gefällt. Ich muss sehr vorsichtig sein.»Weltwoche: Wer war neben Sullivan, Blinken und Nuland noch an der Ausarbeitung dieses Angriffsplans beteiligt?

Hersh: Sie stellen da eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Selbst wenn ich Personen umschreiben würde, könnten Rückschlüsse [auf meine Quellen] gezogen werden. Ich hoffe, Sie glauben nicht, dass meiner Regierung die Geschichte gefällt und dass sie nicht ihr Bestes getan hat, um herauszufinden, wer [mit mir] gesprochen hat. Ich muss sehr vorsichtig sein.

Weltwoche: Ich frage deshalb, weil Kritiker Ihrer Theorie sagen, dass an einer solchen Sabotageaktion eine beträchtliche Anzahl von Personen beteiligt gewesen sein musste. Folglich wäre es fast unmöglich gewesen, sie geheim zu halten.

Hersh: Die Zahl der beteiligten Personen, die die Geschichte von A bis Z kannten, musste in der Tat sehr gering sein. Äusserst gering.

Weltwoche: Die Norweger waren angeblich direkt involviert, sie sollen geholfen haben, den Sprengstoff zu detonieren. In Interviews haben Sie erwähnt, dass auch Schweden und Dänen informiert wurden. Wie viele Personen haben Sie gezählt, die an der Operation beteiligt waren?

Hersh: Das Problem mit euch Reportern ist, dass ihr immer wieder gute Fragen stellt, die ich nicht beantworten will, aber ich respektiere eure Neugier. Ich kann nicht mehr sagen, weil ich nichts verraten darf, was auf jemanden hinweisen könnte. Es waren nur zwei Taucher beteiligt. Sie wurden an einem der speziell für die Ausbildung eingerichteten Ort in Florida trainiert, den die meisten Leute in Amerika nicht kennen.

Weltwoche: Sprechen wir über diese Taucher.

Hersh: Sehen Sie, das können Sie mit mir nicht machen. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen als das, was ich geschrieben habe.

Weltwoche: Meine Frage ist technischer Natur. Sie haben geschrieben, dass spezialisierte Taucher den Sprengstoff in grosser Tiefe an der Pipeline angebracht haben. Experten haben berechnet, dass Hunderte von Kilogramm Sprengstoff nötig gewesen wären, um solch schwere Explosionen auszulösen. Wie wurde das konkret gemacht? Hatten die Taucher die Hilfe eines U-Boots, um den Sprengstoff richtig auf dem Meeresboden zu platzieren?

Hersh: Nein. Es wurde C4-Sprengstoff verwendet. Man muss nicht Hunderte von Kilogramm davon haben. C4 ist ein Plastiksprengstoff. Eine sehr kleine Menge kann den Kopf eines Mannes in 100 Fuss Tiefe wegpusten.

«Wenn man keine Signale aussendet, kann man mit jedem dieser Flugzeuge machen, was man will.»Weltwoche: Ist es möglich, dass zwei Taucher diesen Sprengstoff in einer Tiefe von 80 Metern anbringen konnten?

Hersh: Das ist möglich, absolut. Die Navy-Taucher trainieren dafür, 300 Fuss (90 Meter) tief zu tauchen. Das Problem ist, dass man nicht einfach ein paar Leute mitten in der Ostsee, die streng überwacht wird, tauchen lassen kann. Die Russen sind auch dort. Sie haben unbemannte Unterwasserfahrzeuge, die alles überwachen. Die ganze Frage, wie man eine Tauchaktion verbergen kann, ist sehr kompliziert.

Weltwoche: Deshalb wählte man laut Ihrem Bericht einen besonderen Anlass, um den Sprengstoff an den Pipelines anzubringen, nämlich während der jährlichen Nato-Übung Baltic Operations 22 im Juni letzten Jahres. Die nächste Herausforderung war, den Sprengstoff zu zünden. Dazu schreiben Sie: «Am 26. September 2022 warf ein P-8-Überwachungsflugzeug der norwegischen Marine bei einem scheinbar routinemässigen Flug eine Sonarboje ab.» Diese löste ein Signal aus, das angeblich einige Stunden später den Sprengstoff zur Detonation brachte. Wie Kritiker anmerken, befanden sich die P-8-Maschinen der norwegischen Luftwaffe, das sind Seeüberwachungs- und Aufklärungsflugzeuge, zum Zeitpunkt der Explosion erst in einer Testphase und waren daher nicht einsatzbereit. Ausserdem . . .

Hersh: . . . sparen Sie sich die Worte. Ich weiss, was Sie sagen werden, und ich werde Ihnen die Antwort geben.

Weltwoche: Lassen Sie mich die Frage ausformulieren: Ausserdem wurde zum Zeitpunkt der Explosion kein solches Flugzeug in der Nähe des Tatortes entdeckt. Wie erklären Sie diesen scheinbaren Widerspruch?

Hersh: Erinnern Sie sich an den Besuch von US-Präsident Joe Biden bei Selenskyj [20. Februar 2023; d.Red.]? Wie gewöhnlich war er mit der «Air Force One» unterwegs. Als sie in Polen ankamen, schalteten sie ihren Transponder aus. Das ist ein Signal, das jedes Flugzeug haben muss, es entsendet ein IFF-Signal (Freund-Feind-Identifikation), so dass alle anderen Flugzeuge und die Fluglotsen in Amerika und in der Welt wissen, wo man ist. In den Zeitungen wurde berichtet, dass das Flugzeug des Präsidenten aus Sicherheitsgründen seinen Transponder ausgeschaltet hatte, damit es nicht gesehen werden kann. Die Kritiker, die behaupten, es sei am 26. September kein Schiff direkt am Ort der Explosionen entdeckt worden, verweisen auf Open Source Intelligence (OSINT). Sie arbeiten mit elektronischen Signalen zur Überwachung. Sie sind sehr kompetent. Aber wenn ein Flugzeug seinen Transponder ausschalten kann, kann man es nicht sehen. Die Norweger haben fünf P-8 gekauft, und es gibt Zeitungsberichte über die Auslieferung der ersten Anfang 2022. Die Norweger sind die besten Navigatoren der Welt und begleiten uns seit Jahrzehnten bei verdeckten Aktionen, wie ich in einem Artikel jüngst beschrieben habe. Wenn man keine Signale aussendet, kann man mit jedem dieser Flugzeuge machen, was man will.

Weltwoche: Warum, glauben Sie, spielen die Medien Ihren Bericht herunter?

Hersh: (Lacht) Es gibt immer eine Million verschiedene Antworten.

Weltwoche: Anstatt sich mit Ihren Erkenntnissen zu befassen, haben Politiker und Medien versucht, Sie als unglaubwürdig darzustellen. Aber auch diejenigen, die zum Schluss kommen, dass Ihre Theorie ernst genommen werden muss, weisen auf Schwachstellen hin. Ein beliebter Kritikpunkt ist, dass Sie keine Beweise für Ihre Theorie liefern.

Hersh: So verfahre ich seit meiner My-Lai-Geschichte im Jahr 1969. [Mit der Aufdeckung des durch US-Soldaten begangenen Massakers in My Lai während des Vietnamkriegs begründete Hersh seine Karriere als einer der bekanntesten Enthüllungsjournalisten, in deren Folge er während Jahrzehnten zahlreiche Skandale, namentlich der US-Regierung, aufdeckte; d. Red.] In den meisten meiner Berichte der letzten fünfzig Jahre verwendete ich ungenannte Quellen. Stellen Sie sich vor, ich hätte eine Quelle identifiziert? Hätte ich einen Namen genannt, wäre diese Person gefeuert oder, schlimmer noch, eingesperrt worden. Der Luxus im Leben eines Journalisten ist es, jemanden aus dem Inneren [des Apparates] als Informanten zu haben, der sehr integer ist und den Amtseid abgelegt hat – das muss man in Amerika im Aussenministerium oder in der Regierung oder in der CIA; man legt den Amtseid ab, und zwar nicht auf den Chef, nicht auf den Oberst, nicht auf den General, nicht einmal auf den Präsidenten, sondern auf die Verfassung. Das sind die Leute, die mit mir sprechen. Es ist sehr ungewöhnlich, eine solche Quelle zu haben. Das ist sehr selten. Die meisten Reporter haben keine solche Quellen. Ich hatte im Laufe der Jahre viele Informanten. Einige hatten sogar vier Sterne. Viele von ihnen sind meine Freunde geblieben. Es sind Leute, die ich respektiere, die verfassungstreu sind und die sich manchmal aufregen, wenn Dinge getan werden, die nicht getan werden sollten.

Weltwoche: Ihre Nord-Stream-Geschichte stützt sich auf eine einzige «Quelle mit direkter Kenntnis» der Operation. Ist das nicht zu wenig, um die Weltmacht USA als Täter zu überführen?

Hersh: Stellen Sie keine Vermutungen an. Sie wissen es nicht, und ich spreche nicht darüber. Das Einzige, was ich Ihnen über die erste Geschichte sagen werde, ist, dass es, wenn Sie sie genau betrachten, keinen Punkt gibt, der Rückschlüsse auf Quellen zulässt. Ich beschreibe keine Treffen im Detail. Denn bei den zur Operation durchgeführten Treffen nahmen keine grossen Personengruppen teil. Es waren Leute aus der CIA und der National Security Agency, dem vereinigten Generalstab, dem Aussenministerium, dem Finanzministerium. Sie haben Spezialisten mit einbezogen. Der Grund, warum ich mich sehr bedeckt halte, ist der Informantenschutz. In den fünfzig Jahren, in denen ich diese Geschichten schreibe, ist niemand ins Gefängnis gekommen. Niemand wurde namentlich genannt. Niemand wurde zitiert. Ich spreche einfach nicht darüber.

Weltwoche: Jüngst veröffentlichten sowohl die New York Times als auch die deutsche Wochenzeitung Die Zeit Artikel, die Ihre Darstellung zu widerlegen scheinen. Die Times stützte sich auf die Behauptung, dass «eine proukrainische Gruppe den Anschlag verübt hat». Wie bewerten Sie die Recherchen der New York Times?

Hersh: Die New York Times hat die Story auf die Titelseite gebracht. Ich kann nicht glauben, wie inkompetent sie verfasst war. Einer der drei Reporter – Julian Barnes – gab dem Podcast der New York Times ein Interview, in dem er die Berichterstattung beschrieb. Ich weiss nicht, welches Wort ich für diesen Kerl verwenden soll. Ich habe sieben oder acht Jahre bei der New York Times gearbeitet, ich habe an sehr heiklen Geschichten gearbeitet, die viele Preise gewonnen haben. Was besonders auffällt, die drei Reporter habe alle ungenannte Quellen verwendet.

Weltwoche: Das sagt man auch über Sie, dass Sie ungenannte Quellen verwenden.

Hersh: Meine Quelle hat direkte Kenntnis über die Operation. Es gab keine Beweise, dass die New York Times-Reporter jemals mit jemandem vom Geheimdienst gesprochen haben.

Weltwoche: Die Times-Reporter verwenden Formulierungen wie: «Beamte, die die Geheimdienstinformationen überprüft haben, sagten, sie glaubten, dass die Saboteure höchstwahrscheinlich ukrainische oder russische Staatsangehörige waren oder eine Kombination von beidem.»

Hersh: Der Journalist [Julian Barnes] wurde am Ende des Interviews gefragt: «Wissen Sie wirklich, was passiert ist?» Er antwortete: «Nun, wir sind nicht sicher.» Im besten Fall ist es [die Aussage seiner Quelle; d. Red.] das, was ich einen Tipp nennen würde.

Weltwoche: Nach Recherchen der Zeit wurde das Boot identifiziert, das bei der Sabotageaktion benutzt worden sei. «Es soll sich um eine Jacht handeln, die von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sei, die offenbar zwei Ukrainern gehört.» Die Recherche stützt sich gemäss der Zeitung auf «deutsche Ermittlungsbehörden». Für wie plausibel halten Sie diese Geschichte?

Hersh: Es ist darin die Rede von einer Jacht, die verlassen aufgefunden wurde. Und dass man auf der Jacht Spuren von Dynamit gefunden habe. Man musste ein sehr explosives Material verwenden, kein Dynamit, um eine ausreichend starke Ladung herzustellen. Wie bereits erwähnt, verwendeten die Taucher bei der Operation C4.

Weltwoche: Der deutsche Bericht unterstellt keine nationalstaatliche Verwicklung in den Anschlag, der Autor der Zeit-Geschichte stellt fest: «In internationalen Sicherheitskreisen wird nicht ausgeschlossen, dass es sich auch um eine false-flag operation handeln könnte. Das bedeutet, es könnten auch bewusst Spuren gelegt worden sein, die auf die Ukraine als Verursacher hindeuten. Was ist Ihre Meinung dazu?

Hersh: Ich denke, dass unsere CIA diese Geschichte in die Welt setzen wollte, in der Praxis war es dann der deutsche Geheimdienst, der BND, der es tat. Das war wirklich ungeschickt. Wie Sie wissen, hat die Geschichte kein grosses Echo ausgelöst.

«Das Ganze ist wirklich wie eine schlechte Farce, wie eine Farce von Shakespeare.»Weltwoche: Haben Sie seit der Veröffentlichung Ihres Berichts weitere Informationen erhalten, die weitere Details über die Planung und Ausführung des Anschlags enthalten?

Hersh: Gute Frage. Ich habe eine Antwort, aber ich kann sie nicht mit Ihnen teilen, weil mein Hauptziel jetzt darin besteht, diejenigen zu schützen, die mit mir sprechen. Ich weiss etwas, aber ich komme nicht weiter, weil die Lage in Washington sehr angespannt ist und Leute, die mir normalerweise bei einem Bier oder einem chinesischen Mittagessen die ganze Geschichte erzählen würden, mir sagen: «Bitte, bitte, halten Sie sich ein wenig zurück.»

Weltwoche: Das werden Sie nicht tun, nehme ich an.

Hersh: O nein, ich werde weiter darüber schreiben. Ich schreibe nächste Woche wieder. Ich kann Ihnen sagen, ich weiss noch mehr darüber; das Ganze ist wirklich eine schlechte Farce, wie eine Farce von Shakespeare. Das Problem ist, dass mein Präsident sein Volk und die Welt anlügt, seit ich meinen Bericht geschrieben habe. Seit der Anschlag passiert ist, behauptet er, nichts davon zu wissen.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Ich weiss noch mehr»"
  • redtable

    Ein phantastisches Interview das in die Geschichte eingehen wird! Ein Mann der ein grosses Risiko eingeht um die Wahrheit zu schreiben und die Ungerechtigkeit anzuprangern und die Lügner blosszustellen.

  • Irene 15

    Sicher ist: 1. die Pipelines wurden gesprengt. 2. das war schwierig. 3. der Tatort wurde von Schweden gesäubert. 3. Schweden gibt die Informationen nicht weiter. 4. das deutsche Parlament wird nicht informiert. 5. eine unabhängige Untersuchung, die Zugang zu allen Fakten hat, wurde vom Westen blockiert. 6. die USA haben Interesse bekundet. 7. Polen hat sie dafür gelobt. Mir reicht das. Die Sache ist aber so: niemand darf wissen was wirklich passiert ist. Ein klarer Fall für Sy Hersh.

  • v. strom

    Seit Jahrzehnten gibt es Dokumente über die durchgängig negative Einstellung der jeweiligen US Administration zum Bezug von Rohstoffen aus Russland. Dennoch haben über Jahrzehnte Russland und Europa vom Handel mit diesen Rohstoffe profitiert. Dem wurde mit der Unterbrechung von Nord-Stream ein Ende und gleichzeitig ein Zeichen gesetzt, wer das Sagen hat: der Starke tut was er will, der Schwache erträgt was er zu ertragen hat. Das Schweigen der Schwachen ist vielsagend.