Julia Stusek, geboren am 30. Juni 2008 im südhessischen Usingen, stammt aus einer Tennisfamilie, hat tschechische Wurzeln und beste Verbindungen in die Schweiz – zur ehemaligen Nummer eins der Weltrangliste, Martina Hingis, und deren Mutter Melanie Molitor. «Meine Eltern spielen beide Tennis, und meine Mama war selbst aktiv auf der Tour unterwegs. Melanie ist mein Coach, und Martina ist häufig bei meinen Trainings dabei. Das ist eine grossartige Sache», erzählt Stusek, die inzwischen auch in der Schweiz, in Wangen an der Aare im Oberaargau, wohnhaft ist. «Die beiden sind einzigartig gut. Mit ihnen zu arbeiten, ist für mich eine grosse Ehre. Ich habe viel Spass und lerne sehr viel.»

Die Mutter, Petra Stuskova aus dem tschechischen Prostejov, und ihr Vater Tomas Stusek sind für Julia auch im Sport besonders wichtige Bezugspersonen. Sie trainiert praktisch täglich bis zu drei Stunden, oft auch im Tenniscenter ihres Vaters in Trimbach bei Olten. «Meine Mutter oder mein Vater sind bei jedem Training dabei. Sie begleiten mich auch an die Turniere. Sie sind wundervolle Menschen», schwärmt Stusek. Im Training würden sie meistens auch mitspielen: «Und zwar sehr gut. Das macht immer grosse Freude.» Kein Wunder, dass sie von ihnen derart viele Tennis-Gene in die Wiege gelegt bekommen habe. Zusammen mit Molitor und Hingis habe sie das «beste Tennis-Quartett» an ihrer Seite. In Stuseks Umfeld dominiert auch sonst der weisse Sport. Praktisch alle ihre Freundinnen und Freunde spielen Tennis: «Wir sind sehr oft zusammen und ergänzen uns bestens.»

Gipfeltreffen in Wollerau

Sagt es und packt ihre sieben Sachen in der Halle des Tennisklubs Ried Wollerau, auch «Melanie Molitor Hall» genannt, zusammen. Draussen scheint die Sonne – und oben spielt Superstar Roger Federer, der beste Schweizer Botschafter der Welt, gerade mit seinen zwei Zwillingspaaren Charlene und Myla, 12, und Leo und Lenny, 7. «Welch schöne Überraschung», sagt Stusek und strahlt übers ganze Gesicht. Kaum zu glauben, aber wahr: Im schönen kleinen Wollerau sind gerade 45 Grand-Slam-Titel vereinigt. 25 von Hingis im Einzel und Doppel, zwanzig von Federer.

Auch Stusek hat schon einige schöne Erfolge feiern können. Bei den internationalen Nachwuchsveranstaltungen in Baden und Leimen in Deutschland gewann die Nummer 177 der Juniorinnen-Weltrangliste erste Turniere. Vorläufiger Höhepunkt war ihr Sieg bei Les Petits As, dem wohl wichtigsten internationalen Turnier in der Altersstufe U-14. In dessen Siegerliste haben sich bereits Spielerinnen vom Kaliber einer Kim Clijsters, Bianca Andreescu und Dinara Safina eingetragen. Überhaupt ist die 14-Jährige nach Heike Rusch und Anke Huber erst die dritte Deutsche, die im französischen Tarbes den Titel erringen konnte. «Diese Erfahrung hat mir sehr geholfen, da viele Zuschauer meine Matches verfolgt haben», sagt Stusek und weiss, dass es in Zukunft auch noch einige mehr sein können, die bei ihren Partien mitfiebern werden.

Morgens Schule, nachmittags Training

In der Schweiz fühlt sich das junge Tennistalent sehr wohl: «Es ist ein wunderbares Land. Alles ist so sauber, so gut organisiert. Und überall sind die Leute nett. Von den fantastischen Landschaften gar nicht zu sprechen. Die Schweiz ist meine zweite Heimat geworden.» In ihrer Freizeit ist ebenfalls Sport angesagt: Sie wandert gern, fährt Inlineskates und Ski, schwimmt, macht Yoga – alles meistens einmal pro Woche. Auf die Ernährung müsse sie noch nicht achten, sagt sie. Das Gute sei, dass man ja grundsätzlich mehr auf eine gesunde Ernährung schaue als noch vor fünfzig Jahren. Hat sie ein Vorbild? Stusek zögert keine Sekunde: «Natürlich Martina. Ich spiele oft mit ihr, kann sehr viel von ihr lernen – was für ein Glück!» Angst, wegen des enormen Engagements im Sport ihre Jugend zu verpassen, hat sie nicht: «Meine Kolleginnen und Kollegen haben ja die gleiche Leidenschaft, das verbindet uns.»

Stusek absolviert eine Sportschule: «Einmal in der Woche bin ich im Klassenzimmer, der Rest geschieht im Internet.» Morgens sei Unterricht, am Nachmittag Training angesagt. Tennis und Schule zu vereinen, sei aber eine grosse Herausforderung: «Es gelingt mir bisher recht gut.» Nach ihren Zielen gefragt, antwortet die Nachwuchshoffnung: «Wichtig ist es, nicht abzuheben, fokussiert zu bleiben und einfach besser zu werden.» Auf ihre nächsten Turniere freut sie sich schon. «Ich werde natürlich weiterhin versuchen, mein Bestes zu geben.» Denn sie hat einen grossen Traum: «Einmal mein Lieblingsturnier Wimbledon gewinnen.» Genau wie Martina Hingis.

 

Martina Hingis, 42, ist die erfolgreichste Schweizer Tennisspielerin, war 209 Wochen lang die Weltnummer eins und gewann im Einzel und Doppel insgesamt 25 Grand-Slam-Turniere. Über Julia Stusek sagt sie: «Als Julia vor acht Jahren bei uns zu trainieren begann, merkte ich bald, dass sie ein Ausnahmetalent ist. Ihr Aufschlag ist sackstark, ihre Returns meistens unwiderstehlich. Sie zeigt an Turnieren viel Kampfgeist, ist immer fokussiert und sehr konzentriert. Sie ist etwas klein, was sie aber mit spielerischem Tennis wettmacht. Tennis ist Julias Welt.»