Nur sehr hartherzige Menschen würden abstreiten wollen, dass das Auto, in dem sie Platz genommen haben, sie selbst, aber auch ihren Blick auf die Welt verändert. Das ist im Falle eines Range Rover schon einmal im wörtlichen Sinn richtig. Im grossen Offroad-Klassiker aus Grossbritannien sitzt man so hoch und stolz über der Strasse, dass sich das visuelle Einzugsgebiet schon allein deswegen stark weitet.

Aber es geht auch noch um eine tieferliegende, persönlichkeitsverändernde Dimension. Jedenfalls geht es mir so, und ich mache hier den fehleranfälligen Zug, von mir auf andere zu schliessen. Als ich für etwas mehr als zwei Wochen im neuen Range Rover unterwegs war, kam bei jeder Fahrt ein Gefühl erhabener Gelassenheit hinter dem Steuer auf. In dieser weichen und gleichzeitig robusten Welt aus Leder, Teppich, Stahl und Aluminium wird man von einer sorglosen Mühelosigkeit erfasst, wie sie im Automobil-Kontext einmalig ist.

Der Range Rover ist zwar ein sehr grosses – und ausgesprochen geräumiges – Auto, wirkt in dieser Ausführung keineswegs behäbig. Der V8-Turbomotor reagiert sehr flink auf Gasbefehle. Fast etwas zu flink bisweilen, wenn er im Stop-and-go des Stadtverkehrs mit einem unruhigen Ruckeln aus dem benzinsparenden Motor-Kurzschlaf erwacht und sich beim Anfahren kurz aufbäumt wie ein unruhiges Pony. Einmal in Bewegung aber, kehrt angenehme Ruhe ein. Nun ist das 4,4-Liter-Aggregat ein Vorbild an Souveränität und Laufruhe, während gleichzeitig das samtweiche Luftfahrwerk trotz der auf den ersten Blick etwas gar grosszügig erscheinenden 23-Zoll-Bereifung die meisten asphaltierten Zumutungen effizient wegbügelt.

Das Gefühl der erhabenen Gelassenheit wird natürlich gefördert durch das First-Class-Ambiente des Luxus-SUV. Dazu gehören Details wie verstellbare Armlehnen für Fahrer und Beifahrer, Einzelsitze hinten, ein weitgehend digitalisiertes, aber durchdachtes Bediensystem und eine Lärmdämmung, die einen in kokonartige Zustände versetzt. Bei all der aufwendigen und konsequenten Liebe zum Detail wirkt lediglich die Sonnenblende, als wäre vergessen gegangen, sich auch dieser Kleinigkeit mit allen verfügbaren Mitteln zu widmen. Eine Seite der Blende ist mit Leder, die andere aber mit einem synthetischen Textilmaterial bezogen, die nicht ganz auf dem Materialisierungsniveau des sonstigen Innenraums angesiedelt werden kann.

Am Gesamterlebnis Range Rover ändert sich dadurch nichts. Das grosse britische Fahrzeug weckt majestätische Gefühle bei seinen Insassen. Man muss bloss aufpassen, nach dem Aussteigen die Attitüde der würdevollen Erhabenheit wieder abzulegen.

 

Range Rover P530 Autobiography

Motor/Antrieb: V8-Biturbo-Benzinmotor, 8-Gang-Automatik, Allradantrieb; Hubraum: 4395 ccm; Systemleistung: 530 PS / 390 kW; max. Drehmoment: 750 Nm;/1850 U/min; Verbrauch (WLTP): 12 l / 100 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 4,6 sec; Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h; Preis: Fr. 199 200.–; Testfahrzeug: Fr. 207 720.–