Ein angekokelter Oscar liegt in der Asche einer Ruine am Pazifik. Ein gefaktes KI-Foto – gepostet von der Oscar-Nominierten Isabella Rossellini (71, «Conclave»). Aber es wurde ein ikonisches Internetbild, denn es ist falsch und wahr gleichzeitig – wie so vieles in Hollywood. Vier Wochen lang brannte hier das scheinbare Paradies. Es riecht nach verkohltem Eukalyptus.

Es gab melancholische Stimmen wie die des Horror-Schreibgenies Stephen King (77, «It»), die dazu aufriefen, die Oscar-Verleihung abzusagen.

Aber: Hollywood must go on. Natürlich.

Am 2. März werden zum 97. Mal die Oscars im Dolby Theatre in 23 Kategorien verliehen – für 323 eingereichte Filme. Diese Oscars duften nach Rauch. Die wahren Oscar-Gewinner sind die Feuerwehrmänner.

Wer wird gewinnen? Favorit ist «Emilia Pérez» mit dreizehn Nominierungen. Ein schräges, mitreissendes Thriller-Musical, made in Frankreich von Jacques Audiard (72, «Un prophète»). Ein mexikanischer Drogenboss will zur Frau werden. Sensationell: die Trans-Schauspielerin Karla Sofía Gascón, 52.

Der Oscar must go on. Ein Oscar verdoppelt die Gage und die Zahl der Kinofans.

Aber jetzt sind alte rassistische, antimuslimische und auch noch antidiverse Twitter-Posts von ihr aufgetaucht. Sie versteckt sich. Netflix lässt sie fallen: keine Spesen mehr. Mexikanische Drogenopfer protestieren. Viele sprachliche Fehler – der Regisseur spricht kein Spanisch. Auch die KI spricht mit – wie beim ungarischen «Brutalist». Eine Oscar-Farce, die das Oscar-Rennen fast verschlingt. Aber Kino ist doch immer Lüge und Märchen. 10.000 Academy-Mitglieder stimmen elektronisch ab, mit Computer und Handy-Code (davon 2000 in Europa, vor allem Grossbritannien und Frankreich). Neuer Oscar-Favorit ist die coole romantische Krimikomödie «Anora» von Sean Baker. Eine Stripperin (Mikey Madison, 25) verliebt sich in einen Oligarchensohn in New York. Das ist easy watching Kino – Liebesmärchen mit geplatztem Happy End.

 

Die Cineasten jauchzen beim «Brutalist» von Brady Corbet, 36. Ein Architekt aus dem KZ macht eine tragische Karriere in den USA. Das dauert fast vier Stunden – wie früher bei «Ben Hur». Kaugummikino für geduldige Ästheten.

Der brillant leidende, brutal bauende Star ist Adrien Brody (51, Oscar für «The Pianist»). Er bekam nur 250.000 Dollar für diesen fiktiven Bauhaus-Überlebenden, dafür erhält er jetzt wohl den zweiten Oscar als bester Hauptdarsteller.

Beste weibliche Hauptrolle? Demi Moore (62, «Ghost») im feministischen Horrorthriller «The Substance». Die Exfrau der dementen Action-Ikone Bruce Willis, 69, feiert ein umjubeltes Comeback (Golden Globe). Vor dreissig Jahren war sie mit «Striptease» Hollywoods Top-Star mit 20 Millionen Dollar Gage. Ihre Memoiren «Inside Out» sind eine Insider-Reise in den Albtraum Hollywood. Ein Comeback-Oscar für eine Hollywood-Überlebende.

Beste männliche Nebenrolle? Kieran Culkin (42, «Succession») im KZ-Touristen-Drama «A Real Pain». Beste weibliche Nebendarstellerin: Zoë Saldaña in «Emilia Pérez», eigentlich eine Hauptrolle.

 

Dann gibt es noch «Conclave» (acht Nominierungen), diesen wunderbaren klassischen Vatikanthriller von Edward Berger (54, «Im Westen nichts Neues»). Kultstar Ralph Fiennes, 62, ist grossartig als Sherlock Holmes der Papstwahl. Eine Oscar-Überraschung wäre das Sci-Fi-Epos «Dune: Part Two» von Denis Villeneuve – der einzige Mega-Kassenhit neben dem Märchen-Musical «Wicked» (acht Nominierungen) von Jon M. Chu («Crazy Rich Asians»). Und es gibt ja auch noch Timothée Chalamet, 29, als jungen Bob Dylan in «A Complete Unknown» von James Mangold.

Es wird keine «Oppenheimer»-Orgie mit sieben Oscars wie 2024 geben. Die Oscar-Verleihung 2025, moderiert von Conan O’Brien, 61, ist wieder ein Star-Roulette im verbrannten Schatten der Feuerhölle von Hollywood. Aber der Oscar must go on. Ein Oscar verdoppelt die Gage und die Zahl der Kinofans. Wer zum ersten Mal einen Oscar in den Händen hält, staunt, wie schwer er ist: 3,85 Kilogramm.

Ein Oscar-Gewinner hat mir mal erzählt: «Ich habe meinen Oscar in die Gästetoilette gestellt. Da kann ihn jeder mal anfassen und anheben oder ein Selfie machen. Jeder kommt beglückt vom Klo.»