Aya Nakamura: Nakamura.

Sie ist schwarz und eine Ikone der französischen Jugend. Sängerin wurde sie, weil ihr die Mode zu langweilig war. Aya Nakamura nennt sie sich nach der TV-Serie «Heroes». Eine Milliarde Klicks hat Youtube für «Djadja» gezählt, in 46 Ländern war der Hit in den Top Ten. Das Album «Nakamura» erreichte astronomische Verkaufszahlen: 500 000 in Frankreich, 1,3 Millionen im Rest der Welt.

Die angesehensten Linguisten bescheinigen ihr, die französische Sprache zu erneuern – mehr kann man für die Ausstrahlung der Kulturnation im permanenten Kampf gegen die Hegemonie des Englischen wohl kaum tun. Lancôme hat sie zur Botschafterin für französisches Parfum gekürt. Noch Ende Februar war Nakamura bei der Pariser «Semaine de la mode» ein Star.

«Aya, geh heim nach Bamako», hallt es jetzt durch die Netzwerke: «Hier ist Paris, nicht der Markt von Bamako.» Über Nacht ist die vor 28 Jahren in Mali geborene Sängerin Opfer einer widerlichen rassistischen Kampagne geworden. Ausgelöst hat sie ein vom Nachrichtenmagazin L’Express gestreutes Gerücht: Emmanuel Macron will die von Spotify – zwanzig Millionen Abrufe monatlich – zur weltweit meistgehörten Sängerin französischer Sprache ausgerufene Nakamura für die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele engagieren. Eine zumindest bedenkenswerte Idee im Sinn der fünf Ringe.

Es sind die dritten Sommerspiele in Paris nach 1900 und 1924 – vor hundert Jahren wurden in Chamonix die Winterspiele begründet – und Frankreich, das sie in der Neuzeit wiederbelebt hat, will sie nochmals neu erfinden. Chaumet gestaltet die Medaillen, die ein Stück Originaleisen des Eiffelturms enthalten. Die Eröffnungszeremonie findet nicht im Stadion statt, sondern auf der Seine. Das olympische Dorf in der Banlieue von Saint-Denis, wo das Stade de France Schauplatz der Attentate am 13. November 2015 war, wird als Stadt der Zukunft präsentiert. Ganz in der Nähe ist Nakamura aufgewachsen.

 

«Babys wählen Mozart»

Der Druck ist enorm, die Nerven liegen blank. Auch um Olympia tobt der Kulturkampf zwischen Woke und Rechts. Macron schürt ihn. Seit er innenpolitisch nichts mehr hinkriegt, ist er auf der permanenten Flucht nach vorn. Auch noch in die Eröffnungszeremonie, für die es einen Regisseur gibt, mischt er sich ein. Skrupellos instrumentalisiert er die Olympischen Spiele. Pierre de Coubertin, der sie zur militärischen Ertüchtigung der Jugend auferstehen liess, verweigert er die überfällige Aufnahme ins Pariser Panthéon, dem Heiligentempel der Republik: Es gibt rassistische Äusserungen von ihm. Auf der offiziellen Affiche für 2024 gibt es keine französische Flagge, auf dem Invalidendom hat der Illustrator das Kreuz weggelassen.

Über Nacht ist die in Mali geborene Sängerin Opfer einer widerlichen rassistischen Kampagne geworden. Reflexartig protestierte die identitäre Rechte – auch Meloni in Italien. Doch gegen Nakamura vergreift sie sich im Ton. An Wahlmeetings liess man sie ausbuhen. Auch Eric Zemmour war schon besser: «Babys wählen zu 91 Prozent Mozart. Aber weder Rap noch Nakamura.»

Ein Chanson von Edith Piaf will sie singen: Der «Spatz von Paris», Symbol der populärsten poetischen und französischen Musikgattung schlechthin und die weltweit meistgehörte französischsprachige Stimme. Macrons neue Kulturministerin Rachida Dati, Musterbeispiel der gelungenen Integration, ging für Nakamura an die Front. Auch bezüglich der Emanzipation ist die eingebürgerte Französin aus Mali ein sportliches Vorbild. Von ihrem Gatten, dem Vater ihres zweiten Kinds, ist sie geschieden. Wegen «gegenseitiger häuslicher Gewalt» wurde sie zu einer Busse von 10 000 Euro verurteilt.