Endlich ein Erfolgserlebnis! Sie haben nach dem Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris (2019) versprochen, dass dieses Denkmal der französischen Kultur in nur fünf Jahren wiederaufgebaut wird. Keiner hat’s geglaubt, aber es ist gelungen.

In Frankreich, wo der Amtsschimmel jeden Bau unendlich in die Länge zieht, haben grosszügige Spenden der bekanntesten Milliardäre und viele Kleinspender aus der ganzen Welt in kurzer Zeit die nötige Milliarde zum Wiederaufbau der Kathedrale zusammengebracht. Dann wurde, wie einst bei den Königen, die Sache top down aufgezäumt: Der Präsident befiehlt, ein General organisiert, die besten Handwerker des Landes werden zusammengerufen, und von Streik war nie die Rede.

Das Holz für die schwere Dachstruktur wurde im gleichen Eichenwald geschlagen wie damals, im Jahr 1200, als der Bau anfing. Der originalgetreue Wiederaufbau der Kathedrale ist zu einem brillanten Beispiel für französische Effizienz geworden. Die leider immer nur greift, wenn keine Politiker dreinreden . . . Denn daran krankt Ihr Land zurzeit: an unfähigen, zerstrittenen, von extremistischen Flügeln gegängelten Parlamentariern, die gerade dabei sind, das Land zu ruinieren.

Zuletzt kam es im Parlament fast zu einer Schlägerei. Sie selbst sind, seit Sie die Auflösung des Parlaments entschieden haben – niemand hat es verstanden –, nur noch mit Einweihungen und Auslandsreisen beschäftigt. Hilflos im Inland.

Sie sollten mal ein paar französische Politiker auf eine Schulreise in die Schweiz schicken, wo sie lernen könnten, wie man ein Land gut regieren kann, wenn man bereit ist, dem Gegner zuzuhören, Kompromisse auszuhandeln und letztlich das Volk entscheiden zu lassen. Dinge, die in Frankreich wie eine ferne Utopie wirken.

Aber Notre-Dame ist gerettet. Diesen Erfolg können Sie geniessen. Auch wenn der Papst Ihre Einladung zur Einweihung schnöd abgelehnt hat und dafür lieber nach Korsika flog.

 

Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler