Seit ihrer Gründung 1849 ist die Verbindung der Zürcher Singstudenten aus dem Universitäts- und Kulturleben der Limmatstadt schwerlich wegzudenken. Der Studentengesangverein (StGV) war immer mehr als eine Verbindung, nämlich auch ein Männerchor, der sich unter professioneller Leitung dem vierstimmigen Gesang widmet. Als erster Direktor amtete Wilhelm Baumgartner, der schon im Gründungsjahr die Vertonung der berühmten Verse «O mein Heimatland» seines Freundes Gottfried Keller zur Aufführung brachte. Ihm folgten als Chorleiter so bekannte Namen wie Carl Attenhofer, Volkmar Andreae, Hans Lavater, Ernst Hess, Ladislaus Rybach oder Lukas Reinitzer, die bis in die neuere Zeit auch den Titel eines Universitätsmusikdirektors trugen. Manfred Küng würdigt sie in einem eben erschienenen Buch («175 Jahre Studentengesangverein Zürich – Musikdirektoren», Q Verlag).

 

In Höchstform

Die politisch und konfessionell neutralen Zürcher Singstudenten nehmen männliche Studierende aller Hochschulen auf und treffen sich während des Semesters wöchentlich zur Probe und anschliessend zur fröhlichen Kneip in der verbindungseigenen «Kantorei». Bereits seit 1997 leitet der Ostschweizer Martin Baur den Studentenchor. Genau wie seine Vorgänger verbindet er die disziplinierte musikalische Arbeit mit grossem Verständnis für den Übermut und die Trinksitten der studentischen Jugend – gemäss der Verbindungsdevise: «Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust und lauter Liederklang!»

Für das 175. Jubiläumsjahr gönnten die Zürcher Singstudenten sich und vor allem ihrem Publikum sieben Aufführungen der Operette «Die lustige Witwe» (Uraufführung 1905) von Franz Lehár im Theater Seefeld. Direktor Martin Baur hat den Chor von aktiven Studenten und Alten Herren in Höchstform gebracht und dirigierte die Sänger und das Chamber Artists Orchestra souverän durch den Abend. Für Regie, Bühnenbild und witzige Dialoge sorgte Paul Suter. Besonders bemerkenswert war die Integration der weiblichen Chorteilnehmer, alles Freundinnen, Ehefrauen, Mütter oder Bekannte von Singstudenten. Sie antworteten der männlichen Klage über die Frauen umgehend mit «Ja, das Studium der Männer ist schwer!».

Etliche jüngere und ältere Singstudenten machten aus ihren Figuren eigentliche Paraderollen.

Neben dem präzis intonierenden Chor mit Balthazar Mühlemann und Marcel Lutz als Solisten aus den Reihen der Singstudenten gaben die Profisänger der Operette den eigentlichen Glanz: Der Bariton Simon Schnorr überzeugte als jugendlicher Graf Danilo ebenso wie die Sopranistin Rebekka Maeder in der Rolle der reichen Witwe Glawari. Anna Gschwend, Sopran, gab die junge Botschaftergattin Valencienne. Bassbariton Erich Bieri konnte als Botschafter von Pontevedro sein sängerisches und komisches Talent entfalten. Ins perfekt eingespielte Ensemble passte auch der Tenor Roman Pichler, «Angestellter bei Credit Suisse in Paris». Eine ad hoc zusammengestellte Ballettgruppe brachte viel Schwung und obendrein Diversity auf die Bühne. Etliche jüngere und ältere Singstudenten machten aus ihren Figuren eigentliche Paraderollen. Felix Baumann spielte sich als ebenso verliebter wie verschmähter Ornithologie-Professor Emanuel Wiesendanger ganz besonders in die Herzen der Zuschauer.

Der Präsident des Altherrenvereins der Singstudenten, Urs Bretschger, sowie Projektleiter Sascha Patak konnten sich an den Spielabenden über ein rundum begeistertes Publikum freuen. Viele Freunde, Verwandte und Bekannte, denen die ausgelassene Lebensfreude und die rigiden Trinksitten der Singstudenten bekannt sind, äusserten vorbehaltlose Anerkennung für diesen würdigen Höhepunkt des 175. Wiegenfestes des Studentengesangvereins Zürich.