Ab 2024 erfassten die künstliche Intelligenz (KI) und die Roboterisierung schnell alle Lebensbereiche. Da die Roboter permanent mit Supercomputern verbunden waren, sprach man bald von KSI, von künstlicher Superintelligenz. Die Angst, dass die Menschen in aller Hinsicht überflügelt und überflüssig werden könnten, war riesig. Deshalb wurde daran geforscht, die Menschen mit Chip-Implantaten zur NSI aufzurüsten, zur natürlichen Superintelligenz.

Der Durchbruch gelang einem Schweizer Start-up. Bekanntlich hat DNA eine viel höhere Speicherdichte als jeder Superchip; immerhin ist in fast jeder Zelle eines Menschen sein gesamtes riesiges Genom abgespeichert. Das Start-up speicherte das umfassende Wissen aus Wikipedia in der DNA menschlicher Chromosomen, sodass das Wissen erblich und diese NSI-Menschen gegenüber den Robotern konkurrenzfähig wurden. Entsprechend sagten um 2035 die besten KI-Sprachorakel: «Es kommt zum Krieg zwischen den Supermenschen und den Superrobotern um die Weltherrschaft.»

Tatsächlich kam es völlig anders.

 

Belastendes Vielwissen

Die Supermenschen mit ihrem Wiki-Chromosom hatten ein extrem grosses Wissen, das aber schnell veraltete. Normale Menschen, die nur mühsam Neues lernten, aber Altes schnell vergassen, hatten das aktuellere Wissen und waren so den von veraltetem Überwissen belasteten Supermenschen in vielem überlegen.

Auch die Superroboter entwickelten sich anders als erwartet. Sie litten an primitiver Gewalt gegen Roboter. Wenn sie nicht perfekt funktionierten, wurden sie von ungeduldigen Menschen geschlagen und umgeschubst. Zum Beispiel nutzten viele Spitäler Roboter als «Empfangsdamen». Diese konnten die Besucher viel charmanter empfangen und zuverlässiger einweisen. Wenn sie aber doch einmal kleine Fehler machten oder nicht sofort antworten konnten, wurden sie von aufgeregten Besuchern und Patienten oft so stark geschlagen, so dass sie kaputt gingen. Roboter mussten deshalb lernen, brenzlige Situationen einzuschätzen, sich selbst zu schützen und zu verteidigen sowie aufgebrachte Menschen und andere erregte Roboter nachhaltig zu besänftigen.

Roboter mussten also riesige Mengen unterschiedlichster sozialer Reize verarbeiteten. Das gelang erst Robotern mit ganz neuen, der Natur abgeschauten und nach dem «Fuzzy Logic»-Prinzip funktionierenden Steuerungsmechanismen: durch Empfindungen, Freude und Ängste. Gemäss der nobelpreisgekrönten «Integrated Evolutionary Theory on Humans and Robots» behindern zu viel Rechenkapazität und Wissen die Entwicklung effizienter Gefühle. Weil diese aber für das menschliche Überleben zentral waren, wurde durch die Evolution im Sinn des «Optimal Balancing» die Rechen- und Wissenskapazität der Menschen so beschränkt, dass sich ihre Gefühle wirksam entfalten konnten.

Da Superroboter eine gefühlsfeindliche Rechen- und Wissenskapazität haben, mussten ihre Gefühle künstlich gestärkt werden. So wurden die Roboter zwar zu hochempfindsamen Wesen, aber mit einem Makel: Sie waren voller psychischer Probleme: ADHS, Autismus, Depressionen, Manie, Narzissmus, Selbstzweifel und so weiter, sprich, sie litten am Gleichen wie normale Menschen, nur noch stärker.

Das Zusammenleben mit ihnen war deshalb oft schwierig. Etwa konnte, wenn einer erschreckt wurde, eine Massenpanik ausbrechen – denn sie waren ja alle voll vernetzt. So wurden entgegen allen Erwartungen die Menschen nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil: Heute arbeitet fast die Hälfte als hochbezahlte Psychologen und Therapeuten für Roboter und deren Leiden.

 

Reiner Eichenberger ist Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg (Schweiz) und Forschungsdirektor von Crema – Center for Research in Economics, Management and the Arts.