In der EU gilt der Umweltschutz als wichtiges Anliegen, das in alle Politikbereiche und in andere Länder hineinstrahlt. Kernstück ist der europäische Green Deal, der laut offiziellen Formulierungen die EU in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft umwandeln und sicherstellen soll, dass . . .

— 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden;

— das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung entkoppelt wird;

— keine Person und kein Ort zurückgelassen werden.

Schweizer Recht anpassen

Diese umfassenden Regulierungen bedeuten für die Firmen sehr viel Bürokratie, Gebote und Verbote. Dies färbt auch auf die Schweiz ab. Die Bundesverwaltung hat kürzlich gemeldet, rund eine Milliarde Franken pro Jahr kämen an Mehrkosten auf die Schweizer Firmen zu im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeits-Berichterstattung in Anlehnung an die EU. Ein importierter Kosten-Tsunami.

Die neuste Zusatzbelastung betrifft nun den Wald. Das Stichwort lautet «Europäische Entwaldungsverordnung» (EUDR), welche die EU ab 2025 umsetzt. Allein der Wortlaut des Titels dieses Erlasses vermittelt einen Eindruck dessen, was da entsteht: «Verordnung (EU) 2023/1115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010».

Damit es nur wenig regulatorische Brüche zwischen Bern und Brüssel gibt, wollen Schweizer Beamte auch hier, dass die Schweiz die EU-Regeln möglichst nachvollzieht. Die EUDR betreffe auch Schweizer Firmen, teilte der Bundesrat über das Bundesamt für Umwelt Bafu kürzlich vorsichtig mit.

Die neue Verordnung betrifft Holz, Rinder, Soja, Kakao, Kaffee, Palmöl und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse. Schweizer Wurstprodukte, Sojamilch, Schokolade von Lindt & Sprüngli oder etwa Nespresso-Kapseln des Nahrungsmittelriesen Nestlé fallen also sicher unter diese Regelungen.

Ab 2025 können diese Rohstoffe und Erzeugnisse nur noch in der EU auf den Markt gebracht oder aus der EU exportiert werden, falls sie nicht auf Flächen produziert wurden, die nach 2020 entwaldet wurden oder generell nicht mit einer Schädigung des Waldes in Verbindung stehen.

Für die Schweiz heisst dies, etwa bei Bündnerfleisch den Nachweis darüber zu erbringen, dass die Tiere nicht auf Weiden stehen, wo eigens Bäume gerodet wurden. Der Bundesrat hatte daher im Februar 2024 die Bundesverwaltung beauftragt, unterstützende Massnahmen für die betroffenen Branchen und Unternehmen zu prüfen. Die Schweizer Bauern und Forstbetriebe sollen nicht darben.

Der Bundesrat hat kürzlich über diese Abklärungen informiert. Im Zentrum standen aber Fragen, wie bestehende Daten aus der Forstwirtschaft und Tierhaltung für Herkunftsnachweise von Produkten verwendet werden können oder welche rechtlichen Änderungen notwendig wären, um das Schweizer Recht an die EUDR anzupassen.

 

Baumsterben für Papier?

Doch klar wird bereits heute, dass dieser nächste Regulierungsunsinn auf die Schweiz überschwappt. Der Bund gibt mit diesen ganzen Abklärungen und Evaluierungen auch im Vorfeld schon Schweizer Steuergeld aus.

Zu hoffen ist bei all dem, ganz im Geist des Rodeschutzes, dass nicht allzu viele Bäume für Papier gefällt und die Umwelt so belastet werden muss, damit diese neue Verordnung in den ganzen internationalen entwaldungsfreien Lieferketten regelkonform umgesetzt werden kann.

Rico Kutscher betreibt das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch