Kürzlich feierte das Sultanat Oman seinen 53. Nationalfeiertag. Nur unwesentlich jünger sind die diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Oman; wir begehen dieses Jahr deren 50. Jahrestag. In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich eine erfreuliche wirtschaftliche Verflechtung zwischen den beiden Ländern ergeben. 2005 trat ein bilaterales Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen in Kraft. Im Rahmen des Freihandelsabkommens zwischen den Efta-Staaten und dem Golf-Kooperationsrat (Golf Cooperation Council, GCC) profitieren die Schweiz und Oman seit 2014 von Zollvergünstigungen und einem erleichterten Marktzugang für Waren und Dienstleistungen.

Die GCC-Region ist nach der EU, den USA, China und Hongkong der fünftwichtigste Abnehmer von Schweizer Exporten. Im Fall des Omans waren es gemäss dem Wirtschaftsbericht 2022 der Schweizer Botschaft in Muscat vor allem Uhren, pharmazeutische Produkte sowie Maschinen und Elektronik.

 

Attraktives Investitionsklima

Die Schweiz befindet sich unter den Top-Ten-Investoren im Oman. Neben dem boomenden Dubai, dem mit Gasvorkommen ungleich besser gesegneten Katar und dem als regionale Wirtschaftsmacht aufstrebenden Saudi-Arabien, mit dem Oman schon allein von der Marktgrösse her (mit lediglich fünf Millionen Einwohnern und einem Siebtel des Schweizer Bruttoinlandprodukts) nicht mithalten kann, bewegt sich das Land oft noch unter dem Radar der hiesigen Wahrnehmung.

Doch Jahr für Jahr steigt die Zahl an Touristen – 20 000 sind es mittlerweile jährlich aus der Schweiz, die nach der Rückkehr von der eindrücklichen Natur mit kilometerlangen Sandstränden, spektakulären Wadis, majestätischen Bergen und den Weiten der Wüste schwärmen. Begeistert sind sie aber vor allem von der Freundlichkeit und dem Traditionsbewusstsein der Omaner, die zu drei Vierteln dem Ibadismus angehören, einer Glaubensrichtung des Islam, die sich durch hohe Toleranz, schlichte Friedlichkeit und hohen ethischen Anspruch auszeichnet.

Der Oman investiert substanziell in seine Infrastruktur: Die bedeutendsten Hotelketten der Welt, von «Alila» bis «Mandarin Oriental», sorgen für Luxus, das moderne Muscat bietet Restaurants, Bars, Shoppingmalls und ein prächtiges Opernhaus. Die Investitionsstrategie, Bestandteil der «Vision 2040», die noch vom 2020 verstorbenen Sultan Quaboos initiiert wurde und seither von seinem Nachfolger Sultan Haitham bin Tariq umgesetzt wird, sieht vor, alle Landesteile sanft in die Modernisierung einzubeziehen.

Ähnlich ambitiös ist der Oman auch in seiner wirtschaftlichen Diversifikationsstrategie, die weg von Öl und Gas führt: Das Land, von der Fläche her vergleichbar mit Italien, strebt eine führende Rolle als Produzent von grünem Wasserstoff an. Bis 2050 will man Kapazitäten für acht Millionen Tonnen pro Jahr aufgebaut haben. In einem Interview mit der NZZ am Sonntag bot der Energieminister des Omans, Salim Al Aufi, der Schweiz die Belieferung mit dem klimaschonenden Energieträger an.

Die Kombination von Solar- und Windenergie ist vielversprechend; die tägliche Sonnenscheindauer und die Sonnenstrahlungswerte sind rund um das Jahr hoch, und an der langen Küste zwischen Al Ashkharah – einem Surferparadies – und Duqm weht ganzjährig eine steife Brise, was Oman weltweit zu einer von drei Gegenden mit den vorteilhaftesten Bedingungen für erneuerbare Energien macht. Im genannten Duqm entsteht eine der grössten Freihandelszonen des Landes – neben derjenigen nördlich von Muscat in Sohar und Salalah ganz im Süden. Alle drei sind logistisch an Omans Überseehäfen angebunden.

 

In vielen Dingen ähnlich

Die Avancen von Minister Al Aufi kommen nicht von ungefähr. Der Oman empfiehlt sich als politisch stabiler, neutraler und der Schweiz in vielen Dingen ähnlicher Partner. Wie die Schweiz behauptet er sich als Kleinstaat inmitten komplexer geopolitischer Zwänge und pflegt freundliche, aber gleichermassen distanzierte Beziehungen zum Nachbarn Iran im Norden wie zu den Partnern im Golf. Oman hatte sich nie an den Sanktionen gegen Katar beteiligt und tritt im Jemen-Konflikt als diskreter Vermittler auf. Mehr Schweizer Firmen, als man vermuten würde, sind bereits im Oman aktiv – darunter namhafte wie ABB oder Sika, aber auch KMU wie Endress+Hauser oder MAN Energy Solutions. Noch liegt der geschäftliche Fokus auf der Öl- und Gasindustrie, doch die Energiewende im Oman birgt gewaltiges Potenzial für die Schweizer Energie-, Cleantech- und Zulieferbranche.

Der Ausbildungsstand im Oman ist mittlerweile sehr hoch – auch dank einem Ableger der RHTW Aachen, der deutschen Exzellenzuniversität für technische Studiengänge. In Sachen Digitalisierung geht Oman forsch voran; so kam etwa für die letzten Kommunalratswahlen sowie die Wahlen in den Majlis Ash-Shura, die Unterkammer des omanischen Parlaments, bereits ein volldigitalisiertes E-Voting zum Einsatz, und vor den Toren Muscats entsteht derzeit die Null-Carbon-Smart-City Yiti.

Langfristig geben Weltbank und Internationaler Währungsfonds einen sehr positiven Wirtschaftsausblick für Oman. Von 2024 bis 2026 soll sich das BIP-Wachstum zunächst beschleunigen und bei +/– 3 Prozent liegen. Am jüngsten, dem bereits dritten Business-Forum der Oman Switzerland Friendship Association im Juni dieses Jahres in Luzern haben mehr als 140 Wirtschaftsvertreter aus beiden Ländern ausgelotet, wie sich das Potenzial in den Sektoren Energie, Tourismus und Infrastruktur konkret heben lässt. Daraus ist bereits ein «Letter of Interest» zwischen dem Energieministerium Omans und der ETH-Forschungsanstalt Empa erwachsen; die Empa ihrerseits ist daran, zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco, und den Botschaften beider Länder die Teilnahme einer Schweizer Delegation am Green Hydrogen Summit Oman zu organisieren, der vom 12. bis 15. Dezember in Muscat stattfindet. Diese Dynamik gilt es beizubehalten – zum gegenseitigen Nutzen.

 

Anka Kästner ist Vorstandsmitglied der Oman -Switzerland Friendship Association.