Die «Allianz für eine starke SOG» versteht sich als eine Art Notgemeinschaft zur Rettung der angeschlagenen Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG). Die 1833 gegründete Vereinigung umfasste einst die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Elite des Landes und zählte im Kalten Krieg über 30.000 Mitglieder. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks geriet auch die Dachorganisation der kantonalen Offiziersgesellschaften sowie der Offiziersfachgesellschaften in eine Art Sinnkrise. Speziell in den letzten Jahren, so der Vorwurf, sei die SOG in Passivität versunken und habe wegen Führungsmängel die Themensetzung total verpasst. Dabei wäre angesichts der Rückkehr des Krieges und der steigenden Bereitschaft der Bevölkerung zur Wiederaufrüstung ein lautes, deutliches Sprachrohr der Offiziere der Schweizer Armee dringend nötig.

 

Enormer Handlungsbedarf

Die «Allianz» probt jetzt als Opposition von innen den Putsch und fordert eine «Neuausrichtung und Stärkung» durch einen «Wechsel an der Spitze». Seit zweieinhalb Jahren präsidiert der Thurgauer Oberst Dominik Knill die Schweizer Offiziere. Er möchte sich nochmals wiederwählen lassen, denn die Statuten sehen die Möglichkeit vor, das Präsidium nach der ordentlichen Amtszeit noch zweimal für je ein Jahr verlängern zu können. Die SOG unter seiner Leitung blicke auf «zahlreiche Erfolge» zurück: «Ich halte die Kritik an meiner Person für unausgewogen und mehrheitlich tendenziös.» Im Vergleich zu den fünf Jahren von Knills Vorgänger, Generalstabsoberst Stefan Holenstein, ist es um die SOG tatsächlich ruhig geworden. Dafür hat der unermüdliche, weit besser vernetzte Holenstein einen zuvor etwas schlafenden Verein zu neuem Leben erweckt, den Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) mit 34 Vereinen mit rund 100 000 Mitgliedern.

Die aufständischen Offiziere äussern sich beunruhigt über die Passivität der Offiziersgesellschaft.

Die aufständischen Offiziere äussern sich beunruhigt über die Passivität der Offiziersgesellschaft angesichts einer sich massiv verschlechternden sicherheitspolitischen Lage in und um Europa. Gerade jetzt müsse erheblich Druck ausgeübt werden, damit mehr finanzielle Mittel gesprochen würden und die Armee substanziell gestärkt werde. Darum fordert die «Allianz für eine starke SOG» nicht weniger, als dass sich der aktuelle SOG-Präsident Dominik Knill «nicht für die erste Wiederwahl aufstellt und von einer Kandidatur absieht». Es sei dringend nötig, dass sie SOG einen Kurswechsel vollziehe und Führungsstärke zeige: «Der Handlungsbedarf ist enorm.» Die Rede ist von «Orientierungslosigkeit» und «entzweiendem Gehabe».

Ende Januar entlud sich die Unzufriedenheit an der Präsidentenkonferenz der SOG in überaus kritischen Voten. Vor allem Oberstleutnant im Generalstab Erich Muff, Präsident der Panzeroffiziere, bemängelte die mangelnde Themenausrichtung. Unter Beschuss kam auch die «viel zu hohe Entschädigung für die SOG-Führung», die 80 Prozent der Betriebskosten ausmache. Die SOG werde nicht mehr als wichtigste Stimme der Milizoffiziere, sondern nur noch als «Sprachrohr der Armee» wahrgenommen: «Ein sofortiger Wechsel an der Spitze der SOG ist dringend nötig.» Denn die Gesellschaft befinde sich gegenwärtig «in einer schwierigen, auch von aussen so wahrgenommenen Krisenlage». Ein Zuwarten sei «verantwortungslos, weil sonst ein Auseinanderbrechen der SOG droht (Austritte!)». Der Frontalangriff fordert nicht weniger als die Wahl eines Interimspräsidenten, der sich anlässlich der Delegiertenversammlung vom 9. März in Lugano «per sofort und selbstlos» für ein Jahr in den Dienst der SOG stelle, um eine längerfristige Nachfolge aufzugleisen.

 

«Ohne grosses Aufsehen»

Auch die Offiziersgesellschaft der Logistik (Solog) verlangt eine «Änderung der Marschrichtung» und sieht «in der derzeitigen SOG-Präsidentschaft Potenzial zur Fokussierung und Verbesserung». Ein Wechsel der Präsidentschaft könne ein «Erfolgsfaktor» sein, solle aber «idealerweise im Einvernehmen mit dem amtierenden Präsidenten» und «ohne grosses Aufsehen» erfolgen. Dem Vernehmen nach denken die putschenden Offiziere beim möglichen Interimspräsidenten an Oberst Stefan Holen-stein, der als früherer erfolgreicher SOG-Präsident die Vereinigung bestens kenne, keine Einarbeitungszeit benötige und die notwendigen Weichen rasch stellen könne. Holenstein wollte auf Anfrage der Weltwoche allerdings keine Stellung nehmen.

Die Präsidentenwirren in der Offiziersgesellschaft sind begleitet von einer existenziellen Krise ihres obligatorischen Organs, der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift (ASMZ). Armeereformen mit schrumpfenden Beständen und der gesellschaftliche Niedergang des Offizierskorps haben die Abonnements einbrechen lassen. Der SOG-Vorstand möchte mit einer «moderaten Preiskorrektur» unter Beibehaltung des Pflichtabonnements für die Vereinsmitglieder reagieren und droht mit dem «leichtfertig herbeigeführten Ende» der ASMZ. Doch die Aargauer Offiziersgesellschaft unter Oberstleutnant Ulrich Price hat bereits Widerstand angekündigt. Sie will den automatischen Bezug der Zeitschrift aus den Statuten streichen lassen. Denn eine Abo-Erhöhung könnte zu neuerlichen Austritten führen und die arg gebeutelte SOG noch mehr schwächen.