Das automobile Ereignis der Woche ist zweifelsohne die Enthüllung des neuen Bugatti Tourbillon. Er ist ganz anders und natürlich – Herkunft verpflichtet – viel spektakulärer als alles, was in dieser exklusiven Fahrzeugkategorie für viel Geld sonst zu kaufen ist: Entwickelt wurde eine Antriebseinheit, die der britische TV-Moderator («Top Gear») Tom Ford als «pure engineering pornography» bezeichnet hat. Das neue Wunderaggregat besteht aus einem V-16-Saugmotor mit 8,3 Litern Hubraum und 1000 PS Leistung, der beim Spezialisten Cosworth gebaut wird und der auf bis zu 9000 Umdrehungen pro Minute hochrast.

Zum vollständigen Bild gehört aber auch eine Hybrideinheit, bestehend aus einer Hochvoltbatterie mit 24,9 kWh Energiespeicher, einer 800-Volt-Architektur sowie drei Elektromotoren an den beiden Fronträdern sowie an der Hinterachse. Die gebündelte Kraft wird von einem längs eingebauten 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe sortiert, und in den technischen Spezifikationen wird eine Systemleistung von 1800 PS angegeben.

In dieser fast schon aberwitzig hochentwickelten Versuchsanordnung schiesst der knapp unter zwei Tonnen wiegende Tourbillon aus dem Stand in zwei Sekunden auf Tempo 100 und erreicht in unter zehn Sekunden die 300er-Marke.

Es gehört zu den glücklicheren Momenten meines Lebens als Autotester, diese Art von Bugattibeschleunigung schon mehrfach bei den früheren Modellen Chiron und Veyron erlebt zu haben. Das lässt sich, um den Faden hier aufzunehmen, am besten als Koitus der Sinne beschreiben, der als unlöschbarer Film in Erinnerung bleibt.

Schon die Vorgänger des Tourbillon waren Ausdruck des sinnlichen mechanischen Exzesses, der neue Bugatti schliesst da nahtlos an. Während in den meisten Autos und Sportwagen aber mittlerweile grosse Bildschirme als Zeichen des Fortschritts installiert werden, setzen die Ingenieure aus Molsheim einen genialen Gegenentwurf: Die zentrale Anzeige besteht statt aus einem Display oder klassischen Rundinstrumenten aus einer uhrmacherartigen Konstruktion, bei der sichtbare Zahnräder ineinandergreifen und die Tachonadel bewegen.

Das ist deshalb eine perfekte Pointe, weil ein Hypersportwagen mit 1800 PS ebenso wenig praktischen Nutzen hat wie eine mechanische Uhr mit «Komplikationen» zum Preis eines sechsstelligen Betrags. Und es gibt bei beiden Objekten nur eine gute Antwort auf die Frage, warum man etwas, was so teuer und letztlich unnütz ist, kaufen sollte, wenn man kann: «Warum nicht?»

 

Bugatti Tourbillon

Motor/Antrieb: V16-Zylinder Saugmotor, 3 E-Maschinen, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradsystem; Hubraum: 8,3 Liter; System-Leistung: 1800 PS; Hochvoltspeicher: 25,7 kWh/800V; Reichweite (elektrisch): 60 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 2,0 Sek.; Höchstgeschwindigkeit: 380 km/h/445 km/h (mit Speed Key); Preis: 3,8 Mio. Euro (netto)