Sex ist die Art, wie dein Ehemann sich geliebt und respektiert fühlt. Sich sexuell zurückzuziehen, ist eine grausame Art, seinen Mann zu behandeln.» Körperliche Intimität in der Ehe sei «mandatory», also Pflicht. In einem vielbeachteten Video erklärt die Youtuberin Karyn Seitz, dass viele Frauen im Laufe der Ehe das erotische Interesse verlieren. Doch wer sich für die Ehe entscheide, übernehme auch die Verantwortung, auf die Bedürfnisse des Partners einzugehen und körperliche Intimität nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch zu geniessen. Es sei essenzieller Bestandteil einer gesunden Beziehung.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass die sexuelle Aktivität mit zunehmendem Alter und der Dauer einer Beziehung abnimmt. Laut einer deutschen Studie gaben mehr als die Hälfte der Frauen in Langzeitbeziehungen an, ein vermindertes sexuelles Verlangen nach ihrem Partner zu haben – bei den Männern war es nicht einmal ein Drittel. Das muss der Beziehung nicht zwangsläufig schaden. Doch eines ist klar: Weitaus mehr Männer als Frauen klagen über «zu wenig Sex». Im postfeministischen Zeitalter haben news outlets und TV-Serien wie «Sex and the City» versucht, das Klischee zu widerlegen, dass Frauen weniger Interesse an Sex hätten als Männer. Das Bild galt als unsexy; wir Frauen sollten in Sachen Leidenschaft (und allem anderen auch) den Männern in nichts nachstehen. Die Realität sieht anders aus.

Sobald eine feste Beziehung daraus wird, schwindet das Verlangen allmählich.

Die weibliche Lustlosigkeit ist für mich eigentlich ein Paradox. Viele Frauen sind in ihren Dating-Phasen, oft mit verschiedenen Partnern, und besonders dann, wenn sie einen Mann für sich gewinnen möchten, voller Leidenschaft und sexuell aktiv. Der Reiz des Neuen, das Ungewisse, nichts ist gesichert oder ausgesprochen – all das macht es aufregend. Doch sobald eine feste Beziehung daraus wird, schwindet das Verlangen allmählich. Dabei könnte man doch annehmen, dass Frauen sich mit dem Mann, den sie lieben, besonders engagieren – weil sie sich sicher fühlen und es ihnen leichter fällt, sich zu entspannen und loszulassen. Das Gegenteil scheint der Fall: Je sicherer sie sich fühlen, desto mehr verlieren sie die Lust. Die Vertrautheit, die sie in einer stabilen, berechenbaren Beziehung suchen, kann das Gefühl von Begehren gleichzeitig schwächen. Hinzu kommen Alltagsstress, Kinder und vielleicht Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder hormonelle Veränderungen (was individuell variiert und nicht alle Frauen betrifft), und so rückt es immer weiter in den Hintergrund.

Eine andere mögliche Erklärung liegt in der biologischen Programmierung. In Gesprächen mit verheirateten Frauen mit Kindern höre ich oft, dass ihnen Sex inzwischen egal sei – sie könnten gut darauf verzichten und täten es auch, unabhängig davon, wie der Gatte es empfinde. Es habe nichts mit ihm zu tun, sondern mit einem inneren Wandel. Evolutionsbiologisch suchen wir Frauen vor allem Sicherheit und Stabilität für uns und die Nachkommen. Ist dieses Ziel erreicht – durch Ehe, Familie, ein geregeltes Leben –, sendet das Unterbewusstsein das Signal «Mission erfüllt». Der Fokus verlagert sich von der Jagd und Lust hin zur Bewahrung und Stabilität. Feuriges Begehren weicht uninspirierter Trägheit. Und durch die Gewissheit – «er liebt mich ja» – scheint die Notwendigkeit, sich diesbezüglich «Mühe» zu geben, nicht mehr gegeben.

Was nun? Dem Begriff «Pflicht» stimme ich nicht zu. Es ist nie eine Pflicht – es muss immer einvernehmlich sein. Doch Seitz spricht einige richtige Punkte an. Wenn Frauen Sexualität nur aus ihrer eigenen Perspektive betrachten – wenn sie Lust haben, okay, wenn nicht, sollte er es verstehen –, ist das ihr gutes Recht. Aber ist es auch fair? Denn wenn sie sich aus der Intimität zurückziehen, entscheiden sie es ja auch für ihren Partner mit. Gleichzeitig wird von ihm aber schon erwartet, dass er treu ist. Tja.

Trotz unterschiedlichen Bedürfnissen sollte die Frage lauten: Wie kriegt man es hin, dass Sexualität für beide passt? Frauen könnten lernen, die Stabilität, die ihr Mann ihnen bietet, als eine Form der Anziehung zu sehen. Leidenschaft entsteht nicht nur von selbst, sondern auch durch die bewusste Entscheidung, in die Liebe zu investieren und sich daran zu erinnern, warum man sich einst füreinander entschieden hat.

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