Männer werden immer konservativer und Frauen immer progressiver – das reisst eine Lücke ins Dating-Leben!» Mit dieser These meldete sich Jette Nietzard, Chefin der Grünen Jugend Deutschland, neulich in einem Instagram-Video zu Wort. Ihr Traummann? Ein Feminist, jemand, «der nicht misogyn ist, am besten kein Nazi und kein Klimawandelleugner». Das Problem: «Junge Männer werden immer rechter» – eine Entwicklung, die sie beim Dating spüre. Diese Männer lebten gedanklich in den 1950ern und hielten Gewalt für eine Lösung. Darum müssten Männer sich gegenseitig zur Anerkennung von Frauenrechten ermahnen.

Und: Junge Frauen würden «woker», sie wollen nicht mehr «ihren Mann fragen, ob sie ein Sparkassenkonto eröffnen dürfen». Glauben Sie mir, ich würde das nicht thematisieren, wenn es nicht für eine Denkweise stehen würde, die unter so manchen jungen Damen weit verbreitet ist.

Die 26-Jährige sucht also einen Feministen, keinen Nazi und keinen Klimaleugner. Ich halte die Geschmacksrichtung für absolut legitim. Doch ist jeder, der sich nicht explizit als Feminist bezeichnet, automatisch ein Klimaleugner oder ein Nazi? Wo sie recht hat: Tatsächlich zeigt eine Studie der Financial Times, dass sich junge Männer und Frauen politisch auseinanderentwickeln. Im Gegensatz zu früher ordnen sich heute mehr Männer als rechts und Frauen mehr links ein – ein Trend, der sich auch in Deutschland und der Schweiz beobachten lässt.

Ist jeder, der sich nicht explizit als Feminist bezeichnet, automatisch ein Klimaleugner oder ein Nazi?

Ja, es gibt Männer, die streng patriarchale Prinzipien vertreten, Frauen geringschätzen oder sogar gewalttätig sind. Doch die grosse Mehrheit jener, die sich als «konservativ» oder «eher rechts» einordnen, tut nichts dergleichen. Sie vertritt lediglich traditionellere Werte – dies automatisch mit Extremismus gleichzusetzen oder Pauschalaussagen zu treffen scheint mir ein etwas sparsamer Denkprozess. Doch dazu passt das unter einigen Linken populäre Vorurteil, dass jeder rechts sei, der nicht in allen Punkten mit ihrer Meinung übereinstimme. Wie ein erstes Date mit Nietzard wohl abläuft? Sie: «Und wie stehst du zu Abtreibung?» Er: «Etwas Regulierung halte ich für sinnvoll. Abtreibung bis einen Tag vor der Geburt geht mir zu weit, Leute sollten auch Verantwortung überneh …» – «Nazi!»

Man fragt sich, in welchem Umfeld sich die Grüne bewegt, um überhaupt auf die Idee zu kommen, dass ein eigenes Konto noch ein Streitpunkt sein könnte. Ich kenne keinen einzigen konservativen Mann, der seiner Partnerin verbieten würde, eines zu eröffnen – geschweige denn, sie 1950-mässig zurück an den Herd zwingt. Im Gegenteil: Selbständige, unabhängige Frauen werden geschätzt. Auch gibt es keinerlei Beweise dafür, dass diese Männer prinzipiell Frauenrechte in Frage stellen.

«Männer wollen, dass ihre Schwestern und Freundinnen die gleichen Rechte haben», erklärt Richard V. Reeves, Buchautor und Präsident des American Institute for Boys and Men, «aber sie haben es satt, immer wieder zu hören, dass sie schuld sind, dass ihre gesamte Identität irgendwie problematisch ist.» Reeves sieht den konservativen Wandel junger Männer als Reaktion darauf, dass ihnen ständig gesagt werde, sie hätten keine Probleme, sondern seien das Problem: Mansplaining, Patriarchat, toxische Männlichkeit; viele fühlten sich aussen vor gelassen.

 

Die Reaktion? Wenn eine Gruppe immer wieder niederer Motive verdächtigt wird, bewegt sie sich irgendwann in eine andere Richtung – ein natürlicher Verteidigungsmechanismus. Niemand lässt sich gerne ein schlechtes Gewissen einreden für Dinge, die er nicht getan hat. Das erklärt auch, warum sich viele Männer heute an Influencern wie Joe Rogan orientieren – jemandem, der offen konservativ wählt, traditionelle Männlichkeit verkörpert und für Kompetenz, Disziplin und Authentizität steht. Also genau dem Typ Mann, gegen den Frauen wie Nietzard eine hartnäckige Abneigung pflegen.

Dennoch könnte ein gemeinsames Abendessen der beiden interessant ausfallen. Politische Differenzen sind nämlich nicht per se ein Hindernis – solange sie nicht extrem sind. Dating-Partner schon von vornherein nach ihrer Gesinnung auszusortieren und gemäss dem Motto «Die Welt ist schwarzweiss» zu verfahren, ist der beste Weg, sich unnötig einzuschränken und die Partnersuche komplizierter zu machen, als sie ist.

 

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