Snooker: Live und aufgezeichnet. Immer wieder auf Eurosport.

Es mag Leute geben, die halten Rolf Kalb, 63, für etwas dozierend, geschwätzig gelegentlich, ohne Distanz zum Objekt seiner Kommentare, und das mag alles sein. Ich finde ihn grossartig. Kalb ist Snooker-Kommentator bei Eurosport, seit Jahrzehnten schon, und Snooker ist eine Billard-Variante: 15 rote Kugeln, 7 farbige, ein weisser Spielball und ein Monstrum von Tisch, der zur Arena der Queue-Künstler und -Genies wird.

Snooker ist TV-Zen und Kalb der Guru. Man sitzt da, es passiert nicht viel und gleichzeitig doch alles, Kugeln fallen, fallen nicht, Spieler straucheln, hadern, werden vernichtet, kommen zurück, Snooker ist die grösste aller kleinen Bühnen des Lebens. Mit einer Stimme, die mal pastoral klingt, dann wissenschaftlich, danach wieder nur leidenschaftlich, begleitet Kalb den Lauf der Kugeln und die Seelenzustände der Spieler.

Wer dem studierten Mathematiker zuhört, gerät in einen meditativen Parallelkosmos, der Pulsschlag wird zu einer Kugel, die mit aller Zeit der Welt den Weg in die Tasche findet, dann wieder tut sie dies mit aller Kraft der Welt. Snooker schauen ist die Rückführung des eigenen Selbst in einen gleichzeitigen Modus der ewigen Ruhe und der grössten Anspannung. In gewissen Momenten könnte man gar von Ekstase sprechen.

Das wirklich Angenehme an Kalb ist, dass er zwar seit Jahrzehnten dasselbe erzählt, aber nie das Gleiche, irgendwie zumindest. Er ist wahrscheinlich der beste Snookerspieler der Welt ohne Queue in der Hand, und seine Sätze, seine Kommentare sind so gut wie eine lange rote Kugel der besten Spieler der Welt.