Weltwoche: Frau Schneider, wie geht es Ihnen?

Vreni Schneider: Danke der Nachfrage, so weit sehr gut. Ausser dass ich im Moment stark erkältet bin, aber das geht ja vielen so im Winter.

Weltwoche: Und Ihrer Familie?

Schneider: Auch sehr gut. Man muss immer dankbar sein, dass man gesund und glücklich ist. Mein Ehemann Marcel, mit dem ich nun 23 Jahre verheiratet bin, ist in der Skischule aktiv und immer noch Akkordmaurer von Beruf. Florian wird bald neunzehn Jahre alt und ist im dritten Lehrjahr als Forstwart. Er fährt immer noch Skirennen. Flavio ist siebzehn Jahre alt und setzt voll auf seinen Beruf, er ist im zweiten Lehrjahr als Landmaschinenmechaniker.

Weltwoche: Wie stark verfolgen Sie die heutige Rennszene?

Schneider: Sehr stark: Wenn es geht, schaue ich jedes Weltcuprennen, wenn ich in der Skischule arbeite, auf dem Handy. Auch jedes Interview schaue ich dann am Abend, es fasziniert mich immer noch. Mich interessiert der Mensch hinter den Idolen.

Weltwoche: Welches sind für Sie die drei grössten unter den aktuellen Skistars?

Schneider: Alle Schweizer sind Riesentalente, die ich natürlich verfolge und mit denen ich mitfiebere. Marco Odermatt sticht richtig heraus. Wendy Holdener, Michelle Gisin, Lara Gut-Behrami, Corinne Suter und viele mehr bewundere ich natürlich auch und drücke ihnen die Daumen.

Weltwoche: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Ski-Karriere?

Schneider: Der erste Weltcupsieg 1984 in Santa Caterina. Dann der erste Weltmeistertitel 1987 in Crans-Montana. Und dann natürlich der ganze Medaillensatz an Olympia 1994 in Lillehammer. Ich wollte mit einem grossen Sieg aufhören, musste für den dritten Gesamtweltcup 1995 in Bormio unbedingt gewinnen – und es gelang!

Weltwoche: Im Moment mangelt es an Schnee, wie gehen Sie als Skilehrerin damit um?

Schneider: Das ist schon schwierig für alle. Vor der Weihnacht war alles so schön weiss, dann kam die Wärme. Ich kann auf einem eingeschränkten Raum Skischule geben. Das ist meine Haupttätigkeit heute. Wir nehmen es so, wie es ist. Es gibt weit grössere und schlimmere Probleme und Sorgen auf dieser Welt. Der Schnee wird schon noch kommen.

Weltwoche: Wo haben Sie Ihre Medaillen aufbewahrt?

Schneider: Die sind alle in einer schönen Vitrine in unserem Wohnzimmer. Ein paar sind im Schneider-Sportgeschäft meiner Nichte und ihres Mannes in Elm. Die Leute haben immer noch viel Freude daran.

Weltwoche: Was braucht es, um im Sport erfolgreich zu sein?

Schneider: Viel! Erstens einmal Talent, dann Wille, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit. Man muss stets weiterarbeiten, nie aufgeben. Und viel trainieren.

Weltwoche: Was war Ihr Erfolgsrezept?

Schneider: Ich wollte immer die Erfolge bestätigen und für das noch mehr arbeiten. Keine Eintagsfliege sein. Ich war immer dankbar für alles, was ich machen durfte. Die grosse Freude, sie war immer in mir. Und die Demut vor dem, was man gemacht hat. Nichts ist selbstverständlich!

Weltwoche: Haben Sie die Kerze noch, die Ihr Vater in einem Fach in der Wand aufbewahrte und jeweils rausnahm, wenn Sie ein Rennen fuhren?

Schneider: Ja, es gibt sie noch! Ich zünde sie heute nur noch kurz an, damit sie noch lange da ist. Immer an seinem Geburtstag und seinem Todestag.

Weltwoche: Zum Schluss haben Sie noch einen Wunsch offen . . .

Schneider: Ganz klar: Dass meine Liebsten, Familie und Freunde gesund bleiben. Alles andere kann man regeln.

Die Glarnerin Vreni Schneider, Jahrgang 1964, begann ihre Ski-Karriere 1983. Sie ist dreifache Weltmeisterin und dreifache Olympiasiegerin. 1995 trat sie vom Spitzensport zurück. Sie ist verheiratet, betreibt in Elm eine Skischule, besitzt zwei Sportgeschäfte und hat zwei Kinder.