Greenpeace will die Weltmeere und ihre Bewohner retten, darunter auch die Riesen der Ozeane, die Wale. Gleichzeitig gilt der Kampf der grünen Aktivisten den fossilen Energien. Erdöl zerstöre unsere Umwelt und verpeste das Klima, so das Urteil. Die Wale dürften das ganz anders sehen und an der Botschaft ihrer selbsternannten Retter zweifeln. Denn es ist ausgerechnet das Erdöl, das ihr Überleben gesichert hat.

Als das Industriezeitalter einsetzte, sah es um die Wale nicht gut aus. Zu ihrem Pech hatten findige Menschen herausgefunden, dass der Tran dieser Giganten, auch Fischöl genannt, vielfältig genutzt werden kann. Er bildete die Grundlage für zahlreiche Anwendungen, die unabdingbar waren, allen voran für Licht und Heizung.

 

Siegeszug des Kerosins

Das Ergebnis war erschütternd. Unzählige Walfangschiffe machten sich auf den Weg, um vor allem Pottwalen ihr Öl zu entziehen – was nicht bei lebendigem Leib möglich war. Deshalb galt es die Schädel der Wale einzuschlagen oder sie gleich zu köpfen. Die friedlichen Riesen kamen ernsthaft unter Druck, während Produkte wie Walöllampen in den Haushalten Einzug hielten. Dieses Produkt war dabei die erste Wahl, weil andere Optionen von geringerer Qualität waren und zudem Gefahren beim Einsatz aufwiesen.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts waren Wale deshalb eine gesuchte Beute. Dass die aus ihnen gewonnene Energie teuer war und es immer schwerer wurde, noch lebende Exemplare zu finden – was das Ganze noch kostspieliger machte –, regte aber findige Köpfe an, nach Alternativen Ausschau zu halten.

Der Durchbruch gelang dem kanadischen Arzt und Geologen Abraham Pineo Gesner. Er schaffte es, mit der richtigen Mischung verschiedener Ingredienzen eine Substanz zu entwickeln, der er den Namen Kerosin gab. Zu den dazu benötigten Rohstoffen gehörte auch Erdöl. Aus heutiger Sicht war Pineo Gesner damit der Wegbereiter einer ganzen Industrie. Er verstarb 1864 und erlebte nicht mehr, wie seine Entdeckung zum Teufel erklärt wurde.

Der Siegeszug des Kerosins war damals ein Selbstläufer. Es war vergleichsweise preiswert und hinterliess weder Russ noch übermässigen Gestank. Das machte die aufwendige Jagd auf Wale überflüssig. Das Interesse an ihnen erlahmte also keineswegs deshalb, weil die Jäger plötzlich ihr Herz für sie entdeckten oder frühe Umweltschützer mit Kampagnen erfolgreich waren. Die Rettung der Wale war einzig und allein die sinkende Nachfrage nach ihnen aufgrund der Alternative durch Erdöl.

 

Tanken statt spenden

Aber Greenpeace, WWF und Co. wären nicht, was sie sind, wenn sie nicht auch an dieser Lage etwas auszusetzen hätten. Statt der Erdölindustrie als Beschützer der Wale ein Denkmal zu setzen, weisen sie darauf hin, dass diese den Meerestieren nach wie vor Leid zufügt. Beispielsweise mit einem steigenden Lärmpegel unter der Meeresoberfläche.

Um Ölvorkommen zu entdecken, können Schallwellen eingesetzt werden. Diese, so Umweltschützer, hätten das Zeug, das Gehör von Walen und Delfinen zu schädigen; zudem erschwere es ihnen die akustische Orientierung unter Wasser. Ganz zu schweigen vom Stress, den der Lärm verursache. Sogar Mikrolebewesen wie Plankton sollen davon betroffen sein.

Das mag sein. Aber mit Blick auf die Vergangenheit gilt: Wer einen Spendenaufruf von Greenpeace zur Rettung der Wale erhält, tut gut daran, sich das Geld zu sparen und damit den nächsten Einkauf an der Tankstelle zu bezahlen. Solange Erdöl im Spiel bleibt, trachtet nämlich niemand nach dem Tran der Tiere. Oder um es in Abwandlung eines bekannten Tierfutterslogans zu sagen: Wale würden Erdöl kaufen.