Krieg ist wieder eine Realit t in Europa. Der überwunden geglaubte Kalte Krieg zwischen dem Westen und dem Osten kehrt zurück. Die Welt formiert, verbetoniert sich wieder in festgefügte Blöcke. Man spürt es in der Luft. Jedes um Differenzierung bemühte Wort wird lauernd als falsche Parteinahme gedeutet. Militanter Moralismus regiert. Es gibt nur noch Freunde oder Feinde.
Die Weltwoche macht hier nicht mit. Sie steht für ein nonkonformistisches, blockfreies Denken, das sich in die Frontenbildung nicht hineinziehen lässt. In bester schweizerischer Tradition haben wir das Ziel friedlicher Koexistenz und der schlussendlichen Verständigung vor Augen. Das Privileg der Neutralität eröffnet die Möglichkeit eines über das Kriegsgetöse hinausweisenden Überblicks.
In dieser Ausgabe berichten ausgewiesene Autoren und die Redaktoren der Weltwoche über das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Wir bemühen uns, Ihnen, liebe Leser, eine möglichst grosse Vielfalt an Themen und Meinungen zu präsentieren. Einzigartig und vermutlich nur in der Weltwoche möglich: Auslandschef Urs Gehriger widerspricht dem Chefredaktor, also mir, unter dem Titel «Sorry, Roger, du liegst falsch». Möge das bessere Argument gewinnen!
Ab sofort berichtet Kurt Pelda, einer der erfahrensten Schweizer Kriegsreporter, aus dem Krisengebiet. In dieser Ausgabe erzählt er über seine hindernisreiche Odyssee nach Kiew, in die Abwehrfestung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, der in der «Mutter aller russischen Städte» (Manfred Hildermeier) unter Zivilisten seine Streitkräfte gegen die Russen ballt.
Thomas Fasbender, Autor einer neuen Putin-Biografie, ergründet die auch für dessen Unterstützer rätselhafte, äusserst risikoreiche Ukraine-Invasion des Kreml-Chefs. Was führt Putin im Schilde? Hat sich der einst für seine strategischen Fähigkeiten gerühmte Ex-Geheimagent verzockt? Stehen wir am Anfang vom Ende seiner Ära? Fasbender, einer der grössten Kenner, klärt auf.
Gegen die kriegsklirrenden, auf Konfrontation gezirkelten Schlagzeilen anderer Medien bringen wir in dieser Ausgabe eine ganze Reihe von Artikeln, die das Bild einer westlich-russischen Schicksalsfeindschaft stark relativieren. Das gängige Verständnis blendet aus, dass es sich bei Russland um eine westlich orientierte Macht handelt, die auch aus östlichen Traditionen schöpft.
Weithin unbekannt ist auch die Geschichte der Ukraine, historische Wiege der russischen Kultur und Staatlichkeit, mythischer Ursprungsort, eine Art Rütliwiese im Grossformat für die drei russischen Nationen der «Kleinrussen» (Ukrainer), der Weissrussen und der Russen. Man muss die Hintergründe sehen, um die aktuellen, tragischen Verwicklungen besser zu begreifen.
Nobelste Aufgabe der Medien ist es, zum besseren Verständnis beizutragen. «Verstehen», wenigstens das Bemühen darum, wäre eine der wichtigsten journalistischen Aufgaben. Umso bizarrer mutet der heute grassierende Generalverdacht gegen «Versteher» an, mittlerweile ein Schimpfwort, so als ob «Missverstehen» oder «Unverstand» die neuen Kardinaltugenden der Medien wären.
Im Fokus steht aber auch die Schweiz, und hier vor allem ihre Neutralität. Der Bundesrat hat sie eben erneut geritzt, unter grossem internationalen Druck, sich selber allerdings das Gegenteil einredend. Die meisten Schweizer Medien applaudieren, begeistert, dass sich die Regierung nun doch hat hineinziehen lassen in den kriegerischen Empörungs-Tsunami gegen die russische Aggression.
Die Weltwoche eröffnet andere Perspektiven. Unser diplomatischer Kolumnist Herodot beurteilt die Neutralitätspreisgabe des Bundesrats als «kalten Verfassungsbruch». Auch zuhanden der Kollegen der NZZ, welche die Neutralitätsverletzung begrüssen, veröffentlichen wir einen alten Leitartikel des legendären NZZ-Chefs Willy Bretscher. Er verteidigte die Neutralität als «absolut» und «vorbehaltlos».
Im gleichen Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Schweiz dem Uno-Sicherheitsrat beitreten sollte. Ex-Botschafter Paul Widmer argumentiert dagegen aus den schlechten Erfahrungen der Schweiz mit dem Völkerbund.
Wir freuen uns, wenn Sie die Artikel ansprechen. Täglich sind wir auf unserer neuen Website für Sie da, auch mit meinem Podcast «Weltwoche daily». Wir wünschen Ihnen eine interessante und abwechslungsreiche Lektüre!
Ihr Roger Köppel
Der NZZ Artikel von Bretscher ist leuchtendes Beispiel dafür, wie sich nicht nur die aber auch die Offizielle Schweiz (ie Bundesrat und die Bundesverwaltung) gewandelt haben! Während jeder bei Medien etwas unternehmen kann (zB Abo abbestellen) ist das mit SRF nicht mehr möglich. Bereits die Corona Handhabe war extrem unschweizerisch! Schlimm war schon, dass Abstimmungen nicht mehr umgesetzt werden (etwa Ausschaffunginitiative). Doch nun wird Verfassungsbruch schöngeredet! Quo Vadis Schweiz?!
Die CH ist zum Sammelbecken von nicht Integriebaren Fremden geworden. Die helvetische DNA, Kultur, Gefankengut, Zusammenhalt, den Willen diese einmalige Nation zu erhalten u. zu schuetzen ist laengst verloren gegangen bzw. eine Minderheit geworden. Das drueckt sich auch in der Politik aus. Die Confederatio Helvetica ist tot die direkte Demokratie auch. Das Land wird zu einem Europaeischen "Singapur" werden. Der einzige gemeinsame Nenner wird dann "Geld" sein.