Maritime Rüstung besitzt Bluff-Pozential – jenseits nationaler Hoheitsgewässer macht es sich leicht auf dicke Hose.

Bevor es zum Schwur kommt, ist meist ein Heimathafen in Sicht. Nicht anders war es 1914. Vor Ausbruch des Krieges konnte der Marine-begeisterte deutsche Kaiser mit 36 Linienschiffen in grossem Stil imperiale Macht projizieren. Zum Kriegsverlauf trugen dann nur seine U-Boote nennenswert bei.

Es passt, dass Russland zur Ablenkung vom mediokren Abschneiden der Bodentruppen in der Ukraine mit einer neuen Marine-Doktrin auftrumpft.

Reziprok und offiziell erhalten die USA und die Nato Feindstatus – die Gegenseite hat es vorgemacht.

«Blitzschnell», so Putins Worte, soll die russische Marine an der Küste, über und unter Wasser und in der Luft auf Bedrohungen reagieren, von der Ostsee bis zu den Kurilen. Um die Blitzschnelligkeit zu unterstreichen, kündigt er die Ausstattung der ersten Flotten-Einheiten mit den neuen Hyperschall-Raketen Zirkon für die kommenden Monate an.

Sitzt Putin den Versprechen derselben Generäle und Rüstungsmanager auf, die ihm im Februar einen Blitzsieg gegen die Ukraine garantiert haben?

Verglichen mit den Ankündigungen der vergangenen zwanzig Jahre verrät die Marine-Doktrin wenig Neues.

Was auffällt, ist der Fokus auf die Nordost-Passage, den künftig eisfreien Schifffahrtsweg im Norden der eurasischen Landmasse. Mit dem Wegfall der europäischen Kundschaft erhält dieser Seeweg grösste Bedeutung für den Transport von Flüssiggas nach Asien.

Die Erschliessung der Rohstoffe unter dem arktischen Meer ist für Russland jedenfalls entschieden wichtiger als Hyperschall-Raketen für Blitzkriege, die dann doch nicht gewonnen werden.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Blitzschnell» über und unter Wasser: Wladimir Putin trumpft mit einer neuen Marine-Doktrin auf. Ein Bluff oder Kriegs-entscheidend?"
  • Alpensturm

    "...mediokren Abschneiden" Ich frage mich, wann Fassbender endlich begreift, dass Putin in diesem Bruderkrieg Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nimmt und es deshalb so lange dauert. Wenn Russland so wie Churchill damals in Deutschland einen Bombenteppich legen würde, wäre der Krieg schon vorbei und Millionen Zivilisten tot.

  • h_vischer

    @Thomas Hartl. Wahrscheinlich haben Sie Recht. Vergessen Sie aber nicht das die Russen tausende Tonnen altes Kriegsmaterial haben und das verschossen werden muss! Momentan genügt das gegen die Ukraine. Warten Sie Mal ab, wenn das weg ist! Dann wird’s ungemütlich für die Ukraine! Die modernen Waffen wurden von Russland noch gar nicht eingesetzt!

  • juerg.streuli

    Die Sowjetunion hat aus der Kuba Krise gelernt. Damals 1962 besass Russland keine Kriegsschiffe um die Frachter nach Kuba gegen die US-Navy zu beschützen. Lediglich einige russische U-Boote begleiteten die Konvois mit den Raketen an Bord. Seither hat Russland eine beeindruckende Marine aufgebaut, die weltweit operieren kann. Dass die Waffensysteme laufend modernisiert werden ist absolut folgerichtig.