An der Sicherheitskonferenz in München kündigte EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen mehr Spielraum für die Mitgliedsländer bei der Finanzierung der Rüstungsausgaben an: «Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren. Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen», so die EU-Chefin.

Dies bedeutet konkret eine Ausserkraftsetzung der Maastricht-Kriterien für Rüstungsausgaben.

Vor lauter Entsetzen über die Rede des US-Vizepräsidenten Vance an der Sicherheitskonferenz vom 14. Februar 2025 in München, mit der er die Europäer marginalisierte, weil sie die liberal-demokratischen Werte missachten würden, haben viele Anleger die Aufkündigung der Budgetdisziplin durch die EU-Elite kaum wahrgenommen.

Zusätzliche Defizite und Schulden in den nächsten Jahren kann man zwar mit Ausnahmeklauseln rechtfertigen, aber die Realität lässt sich damit nicht verdrängen.

Trotz rechtlichen Tricksereien verbleiben den EU-Ländern neue Schulden, die es zu verzinsen und zu amortisieren gilt. Ein wachsender Zinsaufwand schränkt nicht nur den künftigen Handlungsspielraum der Regierungen ein.

Die Gefahr wächst, dass die Zinskosten eines Tages nicht nur für die Neuschulden, sondern auch für Umschuldungen ansteigen, weil die Anleger höhere Risikozuschläge einfordern.

Die verklausulierte Ankündigung eines EU-weiten Schuldenschubs wird sich wohl früher oder später auch auf den Euro auswirken und diesen gegenüber dem Schweizer Franken weiter entwerten.

Für die Investoren spielen Sonderklauseln keine Rolle, denn Schulden bleiben Schulden. Diese Tricksereien werden bereits auf nationaler Ebene – etwa in Deutschland – angewendet, wo man den Steuerzahlern weismachen will, dass separate Schuldenpakete beispielsweise für die Rüstung keine Schulden, sondern ein «Sondervermögen» seien.

Ein Vergleich des berechneten Schuldenstandes per September 2024 für Deutschland zeigt zudem, dass die deutsche Bundesregierung mit 2481 Milliarden Euro einen um 182 Milliarden geringeren Schuldenstand ausweist, als die Experten der EU-Statistikbehörde Eurostat mit 2671 Milliarden berechnet haben.

Die Transparenz über die Staatsschulden wird wohl bewusst immer mehr vernebelt – auch auf EU-Ebene. Nebst den inzwischen salonfähig gewordenen EU-Gemeinschaftsschulden, die bereits 615 Milliarden erreicht haben und 2025 um weitere 160 Milliarden aufgestockt werden sollen, sind weitere EU-Schulden beispielsweise bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) parkiert. Deren Bonität wird selbst vom deutschen Bundesrechnungshof kritisiert.

Die EIB ist mit einer Bilanzsumme von 572 Milliarden nach eigenen Angaben zur grössten multinationalen Förderbank herangewachsen, aber trotz ihrer Grösse unterliegt sie gemäss dem Bundesrechnungshof keiner unabhängigen externen Bankenaufsicht und nur einer eingeschränkten Finanzkontrolle. Etwa drei Viertel der Ausleihungen seien ungeprüft. Allein Deutschland, Frankreich und Italien müssten für mindestens je 47 Milliarden haften.

Ob ein Teil der Neuschulden für die Aufrüstung der EU von der Brüsseler Zentrale aufgenommen wird, bleibt offen. Man muss durchaus damit rechnen, auch wenn die Ausgabe von EU-Gemeinschaftsanleihen seit Jahren umstritten ist.

Die Kritiker stützen sich auf Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, in dem unter anderem festgehalten wird, dass die Union nicht für die Verbindlichkeiten von Mitgliedstaaten haftet. Dennoch werden seit 2021 laufend EU-Bonds ausgegeben, für die der EU-Haushalt, das heisst alle EU-Länder, haftet.

Um das «Verbot» von Gemeinschaftsanleihen zu umgehen, wurden die Emissionen als Sonder- oder Notprogramm-Finanzierungen deklariert, wofür sich die EU über den Kapitalmarkt finanzieren dürfe.

Die Ankündigung der Ausnahmeklausel durch von der Leyen soll wohl den Weg für weitere EU-Schuldenpakete frei machen. Es sind aber nicht nur die erneuten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der EU-Elite, die dem Euro schon bald den nächsten Schüttelfrost bescheren könnten.

Während die Schweiz für 2024 ein nahezu ausgeglichenes Budget für den Bund und inklusive Kantone und Gemeinden wohl sogar einen Überschuss erzielt haben dürfte, werden die Euro-Länder für das gesamte Jahr 2024 ein weiteres Budgetdefizit von rund 3 Prozent des BIP ausweisen.

Die Inflationsdifferenz zur Schweiz wird in den kommenden Monaten eher wieder zunehmen und sich bei rund 2 Prozent einpendeln. Und schliesslich dürfte auch das Wirtschaftswachstum schwächer als in der Schweiz ausfallen, denn die Trump-Regierung ist der EU-Elite wegen deren Anti-Trump-Propaganda alles andere als gutgesinnt.

Strafzölle werden wohl nur schwerlich oder nur mit grossem Entgegenkommen in Form von Energie- und Waffenkäufen et cetera abzuwenden sein.

Die hohen Zinsaufschläge von Euro-Staatsanleihen zu den Eidgenossen vermögen den Euro zwar derzeit noch zu stabilisieren, aber wenn die EZB zur Stützung der Konjunktur und Entlastung der Staatshaushalte weitere Leitzinssenkungen vornimmt, wird wohl die Zeit gekommen sein, sich aus Euro-Anlagen zu verabschieden.

Die Zinsdifferenz trägt dann die Zusatzrisiken nicht mehr.