Der Euro trippelt gegenüber dem Schweizer Franken von einem Tief zum nächsten. Gestern hat er mit 0,946 Franken ein vorläufiges Allzeittief erreicht. Aber es ist nicht nur der Euro, der schwächelt.

Von 54 beobachteten Währungen haben seit Jahresbeginn nicht weniger als 48 abgewertet, fünfzehn davon sogar in zweistelliger Prozenthöhe. Auch der US-Dollar liegt mit 2,6, das Pfund mit 2,0 und der Yen sogar mit 13,9 Prozent im Minus.

Wer die jüngsten Zwischenberichte über die Umsätze und Gewinne der Schweizer Unternehmen bis September analysiert, stellt fest, dass die Währungsverluste in den ersten neun Monaten einen Grossteil des Umsatz- und Gewinn-Wachstums aufgefressen haben.

Dass der Franken derart stark ist, verwundert, denn die Zinsen im Ausland sind wesentlich stärker angestiegen als in der Schweiz. Lagen die Langfristzinsen der Eidgenossenschaft im März 2020 sogar noch um 0,15 Prozent über den deutschen Bundesanleihen, so bezahlt Deutschland heute für zehnjährige Staatsanleihen 1,8 Prozent mehr als die Schweiz. Der amerikanische Staat musste im März 2020 nur 1 Prozent mehr als der Schweizer Bund bezahlen, heute beträgt der Zinsaufschlag 3,8 Prozentpunkte.

Aber selbst wesentlich höhere Verzinsungen vermögen Abwertungen nicht zu bremsen. Wieder einmal bewahrheitet sich, dass steigende Zinsen eine Währung selten stärken, sondern vor allem die eigene Wirtschaft schädigen und damit die meist ohnehin angeschlagene Kredit-Bonität eines Landes noch verschlimmern.

Seit Beginn des Euros (Ende 1998) hat die Gemeinschaftswährung gegenüber dem Franken im Durchschnitt pro Jahr 2,1 Prozent an Wert eingebüsst, der US-Dollar in der gleichen Zeit 1,9, das Pfund 2,9 und der Yen 2,6 Prozent. Das erscheint nicht viel, aber über fast 25 Jahre läppert sich doch einiges zusammen. Der Euro verlor insgesamt 41 Prozent, der US-Dollar 34, das Pfund 52 und der Yen 48 Prozent. Die vielbesungene Diversifikation von Kapitalanlagen muss angesichts dieser Fakten doch etwas relativiert werden.

Ist ein Ende der Frankenstärke absehbar? Leider nein.

Alle Kriterien, die für eine Währung massgeblich sind, sprechen für eine weitere Aufwertung des Frankens. Die seit Jahrzehnten geringe Inflation, die rekordhohen Ertragsbilanz-Überschüsse, die hohen Währungsreserven und die geringe Staatsverschuldung sind nicht die einzigen Pluspunkte. Die ausgebauten internationalen Handelsbeziehungen, die qualitativ hochwertigen Universitäten, der kluge Energiemix, ein funktionierender Finanzplatz und eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur haben viele hochwertige Arbeitsplätze geschaffen. Eine innovative und flexible KMU-Landschaft bildet das Rückgrat unserer international wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Diese Vorteile verdankt die Schweiz auch der politischen Stabilität, der direkten Demokratie und ihrer Unabhängigkeit.

Ganz anders im Ausland, vor allem in Europa. Die zerfallenden Parteienlandschaften und Regierungen, die nur noch Umverteilung auf Pump kennen, expandierende Staatsapparate, wachsende Kriminalität, hohe Steuern und der Missbrauch von Sozialsystemen haben viele Staaten in eine Lage gebracht, aus der sie sich kaum noch retten können.

Unsere Schweizerische Nationalbank befindet sich wegen des immer noch latenten Inflationsdrucks derzeit auf einer Gratwanderung. Die Teuerung mit einer Aufwertung zu bekämpfen, wirkt schneller als Zinserhöhungen, auch wenn die Importgüter im Konsumentenpreisindex «nur» mit 24,5 Prozent gewichtet sind. Zinserhöhungen wirken erst verzögert und könnten die Teuerung via Kostenmieten noch anheizen. Was immer sie tut, die Wirtschaft wird getroffen, entweder durch eine zinsbedingte Rezession oder durch anhaltende Währungsverluste der Exportwirtschaft und des Tourismus. Grosse Hilfe seitens der Notenbank ist deshalb kaum in Sicht. Der Sinkflug des Euros und des Dollars wird wohl weitergehen.