Wer die Leitung eines KMU übernehmen will, muss in aller Regel Führungserfahrung vorweisen. Für einen Sitz in der Landesregierung ist das laut der SP aber offenbar nicht nötig.

Auf dem Zweierticket für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset figuriert der Bündner Nationalrat Jon Pult. In seiner bisherigen Laufbahn hat er noch nie ein Team geführt oder war für Angestellte verantwortlich.

Nach dem Studium in Allgemeiner Geschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, während dessen er als Lehrer tätig war, wirkte Pult als Berater bei einer kleineren Strategie- und Kommunikationsagentur in Zürich. Damit ist sein Berufsleben ausserhalb der Politik auch bereits abschliessend beschrieben.

Präsident der SP Graubünden, Präsident des Vereins Alpen-Initiative, Mitglied des Churer Gemeinderats, Mitglied des Bündner Grossen Rats, seit 2019 Nationalrat: Jon Pult hat viel Zeit in Parlamenten, Komitees und Parteigremien verbracht. Aber keine Minute in einer politischen Exekutive oder einem Entscheidungsgremium in der Privatwirtschaft.

Dem gegenüber steht Beat Jans, der andere Kandidat auf dem SP-Ticket. Er sass in der Geschäftsleitung von Pro Natura, führte eine Umweltorganisation und war als selbständiger Berater tätig. Seit 2021 sitzt er in der Regierung des Kantons Basel-Stadt und präsidiert diese zurzeit.

Auf 20 Minuten verkündet Politik-Analyst Mark Balsiger über Jans und Pult: «Beide haben das Format zum Bundesrat». Für dieses Urteil reicht es ihm bereits, dass beide «respektierte und profilierte Politiker» seien.

Kein Wort davon, dass ein Bundesrat auch einem Departement vorsteht und damit Chef von Tausenden Angestellten ist. Und sehr viel mehr Gegenwind ausgesetzt ist als ein Parlamentarier.

Kein Wunder, dass Jon Pult von einigen als «zweiter Berset» bezeichnet wird. Dessen Biografie sah bei seiner Wahl ähnlich aus.