Wenige Tage nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben sich die EU-Parlamentarier genauso wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union ausgesprochen. Dass so eine Entscheidung sehr ernsthafte finanzielle und militärische Konsequenzen hat – darüber will im EU-Parlament auch anderthalb Jahre später niemand reden.

Es geht um Artikel 42, Absatz 7 des Vertrages der Europäischen Union. Dort steht klipp und klar: «Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung.»

Es geht also nicht um gute Worte, sondern um Geld, Waffen und Soldaten. Die EU-Länder müssen zahlen und liefern.

Nach den Terrorattentaten in Frankreich im Jahr 2015 zog das Land die Beistandsklausel, worauf sich EU-Mitgliedsstaaten bereit erklärten, beispielsweise Militäreinsätze gegen Terroristen in Syrien zu unternehmen. Im Fall der Ukraine steht mehr auf dem Spiel. Die EU müsste von der zahlenden zur kämpfenden Kriegspartei werden.

Artikel 42 war ursprünglich eine Garantie für die Nicht-Nato-Länder, die aber EU-Mitglieder sind: Finnland und Schweden hatten dadurch die Zusage, im Angriffsfall nicht ohne Verbündete dazustehen. Mit dem Beitritt Finnlands und dem absehbaren Beitritt Schwedens zur Nato ist diese Garantie ein Stück weit überflüssig.

Wer heute angesichts der Ukraine-Beitritts-Debatte Abgeordnete des EU-Parlaments auf diese Beistandsklausel anspricht, erntet Kopfschütteln. Eine Antwort auf die Frage eines militärischen Beistands «liegt in so weiter Entfernung, dass sie sich derzeit gar nicht stellt», sagt einer auf Anfrage.

Der russische Machthaber Wladimir Putin allerdings wird sie sehr wohl ins Kalkül ziehen. Für ihn ist jedes weitere westliche Verteidigungsbündnis, das einen Staat vor seiner Haustür schützt, ein willkommenes Argument dafür, seinen Krieg zu rechtfertigen.