Sich in die Niederungen des einfachen Manns von der Strasse herabzulassen und sich seine Sorgen und Nöte anhören: Das gehört zum politischen Geschäft. Und es verkauft sich in den Medien immer gut.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), nicht unbedingt verwöhnt von grossartigen Umfragewerten, fand es wohl an der Zeit, auch wieder mal mit Durchschnittsverbrauchern zu sprechen. Deshalb organisierte er im Bendorf in Rheinland-Pfalz ein «Kanzlergespräch». Es hiess, dort werde er sich den Fragen der Bürger stellen.

Angeblich wurden die Plätze für die Veranstaltung bei einer Verlosung durch eine Zeitung vergeben. So sollte ein Querschnitt durch die Bevölkerung entstehen. Man habe keine Ahnung, welche Fragen gleich kommen, verkündete die Moderatorin.

Dann war es sicher ein reiner Zufall, dass viele der Wortmeldungen von Leuten stammten, die parteipolitisch aktiv sind – und zwar von SPD und Grünen, die Teil der Regierung von Scholz sind.

Jutta Mannebach aus Koblenz beispielsweise ist Vorstandsmitglied der Grünen in ihrer Stadt – was sie tunlichst verschwieg.

https://twitter.com/Libra08101/status/1655266276128727045

Zusammenschnitte des «Kanzlergesprächs» auf Twitter zeigen: Das war keine Ausnahme. Fragen stellen durften auch ein SPD-Ortsvorsitzender, ein Juso-Beisitzer oder eine Kreissprecherin der Grünen.

Transparent gemacht wurde das in keinem der Fälle. Bürger waren wohl alle, die Fragen stellen durften. Aber ein zufälliger Querschnitt durch Deutschland war es nicht.