Die schön bebilderte Reportage trug den Titel «Zwischen Patchwork und Politik» und zeigte viele glückliche und lachende Menschen.

Es ist die Geschichte der Zürcherin Tiana Angelina Moser und des Berners Matthias Aebischer – publiziert in der Schweizer Illustrierten Anfang Juni dieses Jahres. Beide sitzen im Nationalrat. Seit sieben Jahren sind sie ein Paar – und haben in ihrer Patchworkfamilie ebenso viele Kinder.

Der SI sagte Moser damals: «Ich wollte immer eine grosse Familie – ich geniesse so viel Leben und unterschiedliche Charaktere um mich rum.»

Fünf Monate später steht Moser im Wahlkampf um den zweiten Zürcher Ständeratssitz – mit intakten Chancen. Die GLP-Frau darf auf Stimmen bis weit ins bürgerliche Lager hoffen. Auch der FDP steht sie näher als Gegenkandidat Gregor Rutz, der am rechten Rand der SVP politisiert.

Doch nun kommt Moser ihre eigene heile Patchwork-Welt in die Quere. Von der Weltwoche wurde sie als «Teilzeit-Zürcherin» bezeichnet – obwohl sie im Quartier Witikon tief verankert und beispielsweise an den Fussballspielen ihrer Söhne ein Stammgast ist.

Im Tages-Anzeiger erhielt sie diese Woche ausreichend Platz, sich zu rechtfertigen. Unter anderem sagte sie: «Ich habe nichts zu verstecken.» Sie habe keinen gemeinsamen Wohnsitz mit ihrem Partner und bezahle die Steuern in Zürich. Quintessenz des Textes: In Witikon gilt Tiana Moser nicht als Teilzeit-Zürcherin.

Bleibt die Frage, ob das Privatleben für ein politisches Amt eine Rolle spielen darf. In der heutigen Zeit neigt man zu einem Nein als Antwort.

Wäre früher ein Politiker (oder eine Politikerin) mit einer ausserehelichen Beziehung kaum wählbar gewesen, gilt heute das Prinzip der grossen Freiheit. Und dennoch darf sich Tiana Angelina Moser nicht wundern, dass ihre Lebensform im Schlussspurt des Wahlkampfs zum Thema wird. Wer sein Glück derart prominent inszeniert, muss sich auch kritische Fragen gefallen lassen.