Leonardo da Vinci, Mona Lisa, 1503–1519 – Es ist von den vielleicht drei Bildern auf der Welt, deren Namen alle kennen, das rätselhafteste. Auch 500 Jahre später ist nicht mit Sicherheit bekannt, wer die abgebildete Lady ist, vor welcher Landschaft in Italien sie lächelt, ein wenig heilig, ein bisschen lasziv, und vor allem weshalb sie schaut, als ob sie alles, wirklich alles sehen würde und nichts, keine Schuld und keine Sühne, ihrem Blick entginge.

Wahrscheinlich wäre das Bild ohne seine Geheimnisse und seine Geschichte nie zuoberst auf dem Olymp der Malerei gelandet. Was sehen wir schon, wenn man so will, ausser eine Renaissance-Lady, die in die Welt blickt, als ob sie zu viel Johanniskraut intus hätte? Man fand das Bild im Nachlass von Leonardo da Vinci (1452–1519), 250 Jahre später hing es im Schlafzimmer von Napoleon, von dort kam es in den Louvre in Paris, wo es immer noch hängt, aber nicht immer hing.

1911 wurde es gestohlen, die Polizei hatte den Dichter Apollinaire im Verdacht, weil sein Mitbewohner gestohlenes Gut aus dem Louvre verkaufte. Auch Picasso erwarb zwei Skulpturen und geriet ebenfalls in Verdacht, gab sie reumütig zurück und kam davon. Gestohlen hatte das Bild ein italienischer Museumswärter, der es «nach Hause» bringen wollte. Bei sich zu Hause mauerte er es zwei Jahre lang ein, bei der Übergabe in Florenz, als er in einem Hotel auf seine Aufwandsentschädigung von 500.000 Lire wartete, wurde er festgenommen, unter grossen Protesten italienischer Nationalisten.

Vor ein paar Tagen soll ein Rätsel des Bildes nun gelöst worden sein; bei der Landschaft handle es sich um jene bei Laterina, vierzehn Kilometer nordwestlich von Arezzo, und die Brücke sei die inzwischen zerfallene Ponte Romito. Die dortige Bürgermeisterin ist seither im Zustand des Dauerlächelns. Wie auch immer, und das ist das Geheimnis der Mona Lisa – sie hat für die Welt nur ein Lächeln übrig.