Warum lässt sich die Ökonomie in der Klimadebatte derart an den Rand drängen? Man hat den Eindruck, dass Ökonomen in der Klimapolitik kaum richtig einen Fuss auf den Boden bringen.

Dabei hat doch der amerikanische Ökonom William Nordhaus 2018 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten für seine in den 1970ern begonnenen und bis jüngst fortgeführten Pionierarbeiten zur Klimapolitik.

Vielleicht verwendet die Ökonomie zu viele Fragezeichen und zu wenig Ausrufezeichen für Auftritte auf der Politikbühne. Die Wirtschaftswissenschaften konzentrieren sich oft aufs Abwägen von Alternativen unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen. Auf die Suche nach möglichst guten Kompromissen, technischer gesagt: nach dem Optimum.

In der Klimapolitik sind hingegen die fixen Ideen und Annahmen so tief in den Boden gerammt, dass es schwierig ist, an ihnen zu rütteln. Es gibt kein Abwägen von Vor- und Nachteilen, nur ja oder nein. Wo man in den reichen Ländern hinschaut und hinhört, dominieren in der Klimapolitik schrille Proklamationen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens sowie uniforme Forderungen nach netto null CO2-Emissionen bis 2050 oder gar 2040 oder so.

1,5 Grad und netto null 2050: Das sind die zwei fixen Pfeiler, unverrückbar. Politiker, Manager und Aktivisten tanzen darum herum. Die Pfeiler irgendwie zu lockern, das würde – so die Wortführer der westlichen Klimapolitik und der Wissenschaft – die Welt in den Untergang stürzen. Die blinde Fixierung auf die Pariser Ziele erspart das eigene Denken.

Pikanterweise hat der Ökonom William Nordhaus in jahrzehntelanger Arbeit massgeblich dazu beitragen, dass nun dieses Temperaturziel im Zentrum steht. Er ging der Frage nach: Welches ist die optimale Kombination von Kosten beim Eindämmen der Klimaveränderung (ist zugleich der Nutzen aus verhinderten Schäden) und den Schäden aus der Klimaveränderung?

Oder besser: Welches sind optimale Kombinationen? Denn Kosten und Nutzen werden unterschiedlich beurteilt, da genügt nicht einfach die Sicht eines Weltlenkers.

Nordhaus kam zum Schluss, dass optimale Aufwendungen zur Milderung des Klimawandels zu einer Erderwärmung von vielleicht 2,5 Grad oder mehr führen dürften. So weit das Ergebnis nüchternen Abwägens.

Aber das war den Interessengruppen, die mit der Klimafrage Politik machen, Subventionen, Nord-Süd- und andere Umverteilungen oder Spendenaufkommen erzielen wollten, zu wenig alarmistisch. Sie wollten, dass die Grenze bei 1,5 Grad gesetzt werde, damit lässt sich der Eindruck erzeugen, der Spielraum zur Rettung der Erde sei nur noch gering, die Zeit dränge, Handeln sei überfällig, der Notstand sei da.

Eine grosse Koalition von Interessen schloss sich dem an. So steht das Temperaturziel nun fix in der Landschaft, ohne dass es sich wirklich durch Kosten-Nutzen-Überlegungen und wissenschaftliche Fundierung erklären lässt. Der Weltklimarat IPCC bietet zur Unterlegung vor allem Simulationsmodelle, deren errechnete Temperaturkurven zur fixen Idee passen.

Und die Ökonomen? Viele fügen sich in den gesetzten Rahmen, beispielsweise wenn sie bei der EU- oder der Bundesverwaltung, bei Banken, Versicherern oder grossen Unternehmen angestellt sind. Sie reiten auf der Welle «netto null 2050», helfen mit, Investitionen grün zu regulieren und in Richtung sogenannt nachhaltiger Anlagen zu lenken, sozial zu machen; grosse Versicherer wollen Kunden etwa aus dem Sektor fossiler Energien nicht mehr versichern, Banken bieten Hilfe zur Bestrafung «schlechter» und zur Subventionierung «guter» Finanzflüsse.

Klar, es gibt Ökonomen, die darlegen, welche Kosten und Nutzen von einer Energiewende, einer scharfen Reduktion der Emissionen, einem Verbrennerverbot oder den enormen Subventionen bevorzugter Energieformen zu erwarten sind. Etwa Hans-Werner Sinn, einer der bekanntesten Ökonomen Europas.

Oder der dänische Statistiker und Ökonom Bjørn Lomborg, der in seiner Forschung die Frage stellt: Welche Massnahmen zur Verbesserung der Lage der Menschen bringen am meisten Ertrag pro eingesetzten Dollar? Die Prioritäten aus seiner Befragung führender Ökonomen: Mutter-Kind-Gesundheit, Bildung und Handel. Klimaschutz rangiert hinten, hat weitaus weniger Dringlichkeit. Sinn ist emeritiert, Lomborg hat einen eigenen Think-Tank (Copenhagen Consensus). Die Stimmen aus den Universitäten sind noch nicht so laut.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ökonomen könnten mehr: Gefordert ist Kosten-Nutzen-Denken statt Pariser Ziele – so würde die Welt besser"
  • alex lo

    Ich frage mich, wo waren die deutschen Ökonomen die letzten Jahre? Sodass das in DE passieren konnte, was jetzt geschehen ist.

  • Argonaut

    Ich bin Oekonom, von der "alten" Sorte. Wir haben noch rechnen u. abwägen gelernt. Heute gibt es leider zuviele die sich "Oekonom" nennen, aber keine sind, sondern als ideologisierte "Wahrsager"u. Phantasten auftreten u. von Idioten in Politik u. Verwaltungen gerne hofiert werden. Fuer die Jungen, die kaum noch über Wissen od. Realitätssinn verfügen, ist es schwierig sich da zurecht zu finden. "Post me diluvio" scheint mir das Motto generell zu sein. Die Realität schlägt aber immer hart zurück!

  • Anna Meier

    Immer vorausgesetzt, dass sich das Klima überhaupt dafür interessiert, was wir tun. Was ich sehr bezweifle.