Die «Pandora Papers» waren nur eines der Datenlecks der letzten Jahre, das in Zusammenarbeit mit Denunzianten, meist frustrierten Mitarbeitern von Banken, und Journalisten skandalisiert wurde. Bereits zuvor wurden in Luxemburg (2014), in der Schweiz (2015), in Panama (2016), in der Karibik («Paradise Papers»/2018), in Mauritius (2019), in den USA (Fincen-Files / 2020) und 2021 erneut in Luxemburg Daten in grossem Stil gestohlen. Der EU-Parlaments-Ausschuss für Wirtschaft und Währung hatte am 15. Juni 2023 die Auswertung dieser Dokumente und die Schlussfolgerungen daraus traktandiert.

Die «Panama Papers» und die Schweizer Daten-Leaks sollen zeigen, dass die Hälfte dieser Gelder in Steueroasen den reichsten 0,01 Prozent der Menschen gehören, die damit 25 Prozent Steuern eingespart hätten. In den Märkten der Schwellenländer sollen die Ausfälle 6 bis 13 Prozent der Steuereinnahmen betragen, in den OECD-Ländern 2 bis 3 Prozent.

Die EU stützt sich dabei auf eine Studie eines Forscherteams aus Frankreich, Dänemark und Norwegen, das 2017 die weltweit gebunkerten Offshore-Gelder auf 7900 Milliarden Dollar schätzte, was 8 Prozent des globalen BIP entspreche. Bezogen auf die weltweite Kapitalisierung der börsennotierten Obligationen und Aktien von über 200.000 Milliarden Dollar wären dies allerdings weniger als 4 Prozent. Rechnet man noch die privat gehaltenen Firmen, die Immobilien, Edelmetalle und andere Wertsachen dazu, sind es wohl weniger als 1 Prozent. Aber eine solche Darstellung würde wohl nicht die erhoffte Empörung auslösen. Die damit verbundenen Steuerausfälle werden auf 155 Milliarden Dollar (2 Prozent der Vermögen) geschätzt, obwohl den Forschern kaum Details über das Ausmass der hinterzogenen, der optimierten und der bezahlten Steuern vorlagen.

Die EU soll deshalb eine von afrikanischen Staaten 2019 geforderte Uno-Steuerkonvention unterstützen, und die Medien sollen zusätzlich finanziell gefördert werden, damit diese noch mehr solche Nachforschungen betreiben könnten. Auch der rechtliche Schutz (für Datenklau) soll gestärkt werden. Die EU glaubt sogar, sie müsse ihre Spitzeltätigkeit auch in der Schweiz legalisieren.

So kritisiert sie erneut die Schweiz, obwohl diese das Bankengesetz revidiert und den automatischen Datenaustausch (AIA) ins Gesetz aufgenommen hat. Aber das Bankgeheimnis bleibe für Informationen bestehen, die nicht unter den AIA fallen, und für Rechtsgebiete, die das Abkommen nicht unterzeichnet haben. Und auch Schweizer Einwohner profitierten weiterhin vom Privatsphärenschutz. Diese Aussage ist falsch, denn bei begründetem Anfangsverdacht für kriminelle Taten wird den meisten Ländern Rechtshilfe gewährt, und die Schweiz liefert den USA Steuerdaten, obwohl diese das Abkommen über den automatischen Datenaustausch nicht unterzeichnet haben.

Die EU bemängelt auch, dass es Schweizer Journalisten anfänglich nicht erlaubt war, an den Pandora-Nachforschungen teilzunehmen. Die EU würde es deshalb begrüssen, wenn die Schweiz im Artikel 47 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen die Pressefreiheit in Bezug auf solche journalistischen Recherchen stärken – das heisst: den Datenklau legalisieren – würde.

Die Mitgliedsländer sollen ferner detaillierte Informationen über den Verkauf von «goldenen Pässen» an Russen oder Weissrussen liefern. Sie werden angehalten, die Bürgerrechte und Aufenthaltsbewilligungen für Leute zu widerrufen, die diese lediglich durch Investitionen im Land erworben hätten.

Der Ausschuss beklagt auch, dass noch zu wenig Fortschritte beim Einfrieren und Beschlagnahmen von Vermögen sanktionierter Russen erzielt worden seien. Und er verlangt eine Offenlegung der beschlagnahmten Vermögenswerte.

Die Forderungen enden im Ruf nach neuen Amtsstellen für den Austausch von Steuerdaten, die Verfolgung von Steuersündern in den Schwellenländern, die Durchsetzung von Transparenz über die tatsächlichen Besitzverhältnisse von Unternehmen, Trusts und anderen rechtlichen Gebilden, um illegale Kapitalflüsse zu bekämpfen.