Die Selenskyj-Andacht auf dem Bürgenstock ist am Sonntagnachmittag zu Ende gegangen.

Sie war zuerst als hochrangige Friedenskonferenz angepriesen worden, dann sollte sie bloss noch einen Friedensprozess anstossen. Geredet hat man dann an über nukleare Sicherheit, sichere Transportwege für Lebensmittel, über Gefangenenaustausch und verschleppte Kinder. Zu diesen drei Themen verfasste man auch ein gemeinsames Papier, aber nicht einmal darüber herrschte Einigkeit. Schlimmer noch.

Statt einer gemeinsamen Erklärung gab es bloss ein «Bürgenstock-Communiqué», ein eigenartiges Konstrukt, das wohl einzig dazu diente, das Gesicht zu wahren.

Dreizehn Staaten wollten diese lauwarme «Schlusserklärung» trotzdem nicht unterschreiben. Armenien, Bahrain, Brasilien, Indien, Indonesien, Kolumbien, Libyen, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Suriname, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Ob man einen Friedensprozess angestossen hat, darf bezweifelt werden. Selbst das linke Fernsehen SRF kommentierte auf seinen Onlinekanälen die Konferenz als gescheitert.

Was man von Bundespräsidentin Viola Amherd hingegen zu hören bekam, grenzte vor diesem Hintergrund schon fast an Realitätsverweigerung. Es gebe zwar Differenzen. «Trotzdem ist es gelungen, uns auf eine gemeinsame Vision zu einigen.» Damit sende man den direkt Betroffenen ein klares Signal, sagte die Oberwalliserin.

Ja, was ist denn das für ein Signal, wenn nur westliche Staaten und ein paar ihrer Lakaien aus Drittweltländern dieses unverbindliche Papier mittragen? Will man Russland damit beeindrucken?

Der frühere russische Präsident Medwedew bezeichnete die Bürgenstock-Veranstaltung als «Animal Farm» – in Anlehnung an das Buch von George Orwell, wo die Tiere auf dem Bauernhof den Aufstand proben und am Ende zu dem werden, was sie eigentlich bekämpft haben.

Seit dem Ausbruch des Krieges leiden der Bundesrat und ein Teil des Parlamentes unter einer Kollektivneurose. Bemerkbar macht sich dies in einer Art Schuldkomplex – weil wir keine Waffen liefern dürfen, weil wir zu wenig Gelder für die Ukraine bereitstellen.

Die Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock war nun das entsprechende Bussritual und mehr leider nicht. Aber wenigstens hatte Amherd ihre Gaudi, als sie beim Fototermin wie ein Schulmädchen aus der Reihe tanzte.

Die 3 Top-Kommentare zu "Selenskyj-Andacht auf dem Bürgenstock: Die Ukraine-Konferenz war nicht mehr als ein Bussritual des Bundesrates. Wie sich unsere Magistraten selbst inszenierten, zeigte Viola Amherd beim Fototermin"
  • Letzte Bastion

    Läuft doch alles wie geschmiert: Unten wird gestorben und oben werden Steaks gegessen und die Aufteilung der Rüstungsdividenden gefeiert. Ihr glaubt ja nicht eine Sekunde daran, dass irgendein Söhnchen geschweige denn Töchterchen eines Politikers oder „philantropischen“ Milliardärs oder Oligarchen in die Frontnähe geschickt wird, um für „Gerechtfertigt und Vaterland“ zu sterben.

  • fmj

    Die Foto hält fest, dass man von Amherd noch viel weniger als angenommen erwarten kann! Nicht nur Männer sind begabt in der Selbsttäuschung mit all ihren Folgen

  • byniki

    Es ist ganz einfach, wie früher auf den Schulhof, wenn zwei nach einer Rauferei wieder Frieden machen wollten, so braute es immer zwei Hände, ansonsten war alles nutzlos. Es ist im grossen immer so wie im kleinen.