Für Wahlsieger ist Demokratie eine prima Sache. Schwieriger ist es für Wahlverlierer. Woran lag’s? Hat man Fehler gemacht? Hatte man das falsche Programm? Die falschen Slogans? Solche Selbstkritik ist schmerzhaft.

Kein Wunder also, dass viele Wahlverlierer lieber mit dem Wähler hadern, der die frohe Botschaft leider nicht verstanden hat.

Noch weiter ging am Morgen nach der EU-Wahl die bayerische Spitzenkandidatin der SPD, Maria Noichl, die im Rundfunk verkündete, das Wahlergebnis sei nicht nur eine Niederlage für die SPD, sondern für die Demokratie insgesamt. Wer nicht SPD wählt, so die Botschaft, ist eigentlich kein Demokrat. Das ist gross gedacht, keine Frage.

Doch nicht nur Wahlverlierer, auch Journalisten reagieren auf unliebsame Wahlergebnisse mitunter verschnupft. So etwa die Süddeutsche Zeitung, die noch am Abend der Europawahl textete, «Wenn Leute nicht begreifen, was sie tun», und dann feststellte, manche Wähler würden ihrer Verantwortung nicht gerecht – zumindest jene, die aus Protest die AfD wählten.

Man kann das verstehen. Da sitzt man im schönen München, wo die rot-grüne Welt noch in Ordnung ist, und kämpft von seinem Schreibtisch aus täglich tapfer «gegen rechts». Und dann wird die Partei, deren Namen man nicht nennen darf, zweitstärkste Kraft im Land. Das ist frustrierend.

Zugleich zeigt es aber auch ein erhebliches Demokratiedefizit, das sich bei nicht wenigen Journalisten breitgemacht hat. Nach dem Motto: Wer die Falschen wählt, ist kein Demokrat. Man könnte darüber hinwegsehen. Allerdings ist zu befürchten, dass diese umfassende Delegitimierung aller nicht linken Positionen langfristig der Demokratie tatsächlich schadet.