Vor vierzehn Jahren hatte ich als Berliner Finanzsenator einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, als ich mich bei hohen Energiepreisen gegen Sozialtarife bei den Heizkosten und für eine Abschaffung der Pendlerpauschale aussprach. Besondere Empörung verursachte mein Hinweis, mit einem dicken Pullover könne man es auch in einer 15 oder 16 Grad warmen Wohnung gut aushalten.

Damals wie heute gilt: Wenn Energie nachhaltig und dramatisch teuer wird, werden sich neue Massstäbe schnell einpendeln. Damals wie heute gilt aber auch: Moralisieren hilft nicht weiter.

In der DDR regulierte man gern die Temperatur durch das offene Fenster, weil Heizenergie nichts kostete, und aus der Berliner Wohnungswirtschaft ist mir das Phänomen bekannt, dass der Energieverbrauch in jenen Wohnblocks besonders gross ist, in denen viele Empfänger von Grundsicherung wohnen. Weil in diesen Fällen der Staat die Heizkosten bezahlt, fehlt der Sparanreiz.

Wer möchte, dass in Deutschland Energie gespart wird, darf in die Lenkungswirkung hoher Preise nicht eingreifen. Das Problem der deutschen Energieabhängigkeit von Russland sind auch nicht die Vorlieben für schnelle Autos und Wohnungstemperaturen von 22 Grad. Das Problem ist eine besinnungslose Energiepolitik, die ohne Not auf Kernenergie verzichtet, Energie aus Wind und Sonne nicht ausreichend schnell voranbringt und es zugelassen hat, dass wir 55 Prozent des Erdgases, 50 Prozent unserer Kohle und 35 Prozent unseres Erdöls aus Russland beziehen. Darauf wollen wir nicht verzichten, und dafür zahlen wir weiter an Russland. So wird unsere ganze Embargo-Politik zu einem zahnlosen Tiger.

Das Drehen wohlmeinender Deutscher am häuslichen Heizkörperventil ändert daran nichts. Wer so etwas fordert, verbreitet Gemütskitsch, weil er sich vor Lösungen fürchtet oder diese nicht hat. Robert Habeck wird sich etwas anderes einfallen lassen müssen, wenn er als Energieminister ernst genommen werden will.