In der Theorie vereint die mit umweltfreundlich gewonnenem Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle die Vorteile von Verbrennern und elektrischen Fahrzeugen. Der Elektromotor bringt ökologische Vorteile: Dem Auspuff eines Wasserstofffahrzeugs entweicht lediglich Wasserdampf. Und vom traditionellen Dieselmotor kommt die grosse Reichweite sowie das schnelle Auftanken oder -laden.

In der Praxis hat sich die Technologie bislang aber trotzdem nicht recht etabliert. Das liegt zum einen an der nur lose geknüpften Wasserstoffinfrastruktur und zum anderen an regulatorischen Anreizen, welche batteriebetriebene Autos bevorzugen. Zudem ist die Technologie etwas teurer als Lithium-Ionen-Akkus. Unter anderem, weil es für den flüssigen Wasserstoff sehr belastungsfähige Tanks braucht. Der technische Aufwand für den Brennstoffzellenantrieb bedeutet, dass ein solches Auto bisher nicht billiger hergestellt werden kann als ein rein batteriebetriebenes E-Auto mit Lithium-Ionen-Akku. Wasserstoffmoleküle sind winzig klein, so dass sie herkömmliche Werkstoffe durchdringen oder verspröden. Der Tank muss daher speziell wasserstoffdicht beschichtet werden. Insofern war der Anwendungsfall des Wasserstoffs im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge bisher mit vielen Fragezeichen behaftet.

Wege in die Zukunft

Mögliche Wege in die Zukunft zeigt jetzt ein breitangelegter Test der brennstoffzellenbetriebenen Ausführung des Citroën ë-Jumpy. Der Hersteller hat gemeinsam mit der französischen Suez-Gruppe, die als Versorgungsunternehmen beispielsweise die Wasserinfrastruktur wartet, in Carcassonne die Wasserstofffahrzeuge einem ausführlichen Praxistest unterzogen. Bestandteil davon waren Arbeiten, wie sie in zahlreichen Firmen zum Alltag gehören: Transport von Material oder von kleineren und grösseren Geräten. Ein klassisches Einsatzgebiet der mobilen Technikerequipen von Suez sind beispielsweise Notreparaturen im Fall von Wasserschäden. Hierbei sind die Mitarbeiter darauf angewiesen, jederzeit ein Fahrzeug mit ausreichender Reichweite zur Verfügung zu haben. Diese Einsätze finden zwar mehrheitlich in der näheren Umgebung von bis zu hundert Kilometern statt – über den Arbeitstag können sie sich allerdings kumulieren, weswegen längere Standzeiten zum Zweck des Aufladens einer Batterie in diesem Bereich besonders unerwünscht sind. Zudem sind die Fahrzeuge meist zu mehr als der Hälfte ihres Volumens beladen, was in Unternehmen zahlreicher Branchen ebenfalls die Regel ist.

Bei der Elektrifizierung gibt es «keine Kompromisse bei der Kapazität oder Zweckmässigkeit».

Der Pilotversuch verlief ermutigend, wie die übereinstimmende Kommunikation von Citroën und Suez unterstreicht. Das Feedback der Suez-Mitarbeiter falle «sehr positiv» aus, schreibt Citroën. Der Einsatz in Carcassonne zeige, «wie gut der Wasserstofftransporter auf den täglichen Einsatz abgestimmt ist». Gemäss den Anwendern weise der ë-Jumpy Hydrogen «eine gute Reichweite» auf. Es habe «keine Schwierigkeiten beim Aufladen der Batterie und bei der Befüllung des Wasserstofftanks» gegeben, so das Fazit.

Yves Colladant, Group Category Manager Light Vehicles bei der Suez-Gruppe, unterstreicht den ermutigenden Befund: «Umwelt und Innovation sind für die Suez Group von zentraler Bedeutung. Wir erforschen und entwickeln neue Lösungen für alle unsere Aktivitäten, um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten und das Ziel zu erreichen, die CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent zu senken. Die Einführung von Elektro- und Wasserstofffahrzeugen in unserem Fuhrpark ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer kohlenstofffreien Flotte. Der ë-Jumpy Hydrogen ermöglicht es, die gleiche Nutzlast wie bei der Dieselversion beizubehalten und gleichzeitig die Fahrten durch eine ausreichende Reichweite zu optimieren, so dass nicht jeden Tag zur Basis zurückgekehrt werden muss.»

Bei Nutzfahrzeugen für den industriellen Gebrauch sind Parameter wie Ladevolumen, Nutz- und Anhängelast entscheidend. Daher haben die Citroën-Ingenieure Wert darauf gelegt, dass diese Grössen bei der Wasserstoffausführung – trotz zusätzlicher Unterbringung von Batterie und Brennstoffzelle – vergleichbar bleiben mit dem batteriebetriebenen Modell. Konkret wurden die Batterie unter den Sitzen und die drei Wasserstofftanks unter dem Boden angebracht, was ein unverändertes Nutzvolumen gegenüber den Elektro-, Benzin- und Dieselversionen sicherstellt: 5,3 Kubikmeter für die mittlere Länge und 6,1 Kubikmeter für den XL. Die Ladebreite von 1,25 Metern reicht aus, um Euro-Paletten zu verstauen. «Der ë-Jumpy Hydrogen verfügt über den gleichen Nutzraum wie die Version mit Verbrennungsmotor, was für uns ein wesentlicher Faktor ist, da wir regelmässig mehr als die Hälfte des Fahrzeugvolumens nutzen. Zudem erleichtert er die Lagerung und Handhabung der von uns transportierten Ausrüstung», so die Suez-Mitarbeiter. Auch die Nutz-und Anhängelast beträgt bis zu tausend Kilogramm.

Drei Minuten Tankzeit

Das Testprojekt mit der Suez-Gruppe in Carcassonne veranschaulicht die hohen Ambitionen von Citroën im Bereich der Elektromobilität. Die Entscheidung für den Wasserstoff stehe «in vollem Einklang mit der Elektrifizierungsstrategie der Marke und dem Bestreben, je nach Einsatzzweck verschiedene technische Lösungen anzubieten», schreibt Citroën. Insofern vervollständige das Wasserstoffmodell die Palette an leichten elektrischen Nutzfahrzeugen, getreu dem Grundsatz der Marke, bei der Elektrifizierung «keine Kompromisse bei der Kapazität oder der Zweckmässigkeit einzugehen». Richard Meyer, bei Citroën verantwortlich für Strategie und die internationale Entwicklung bei den leichten Nutzfahrzeugen, streicht hervor, dass man mit einer «Betankung innerhalb von nur drei Minuten und einer Reichweite von bis zu 400 Kilometern auf die täglichen Anforderungen von Gewerbetreibenden» vorbereitet sei. Die Wasserstofftechnologie made in France werde «eine wesentliche Rolle bei der Einführung von emissionsfreien Mobilitätslösungen für Profis spielen».

Und bald auch in der Schweiz: Die Marke kündigt die Lancierung des Wasserstoff-ë-Jumpy in diesem Markt für Mai 2023 an. Sie profitiert dabei vom kontinuierlichen Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes. Mittlerweile sind dreizehn solcher Anlagen in Betrieb, sechs weitere in Planung.