Zum Erfolgsmodell Schweiz gehört der pflegliche Umgang mit den Minderheiten. In Politik, Wirtschaft und Kultur wird hierzulande nur schon der Schein einer Diskriminierung von Minderheiten vermieden. Die grösste Minderheit unter den Wählenden heisst SVP. Mit 26,6 Prozent Wähleranteil ist diese Minderheit ­beträchtlicher als etwa der Wähleranteil der gesamten romanischen Sprachgruppe. Doch im Gegensatz zu Romandie und Tessin birgt die Diskriminierung der SVP offensichtlich keinerlei Skandalpotenzial.

Die Art, wie anlässlich der jüngsten Bundesratswahl eine Mehrheit mit der Minderheit umsprang, ist mehr als eine Diskriminierung – nämlich eine Art Vergewaltigung. Nach allen Regeln von Vergewaltigungen: Auch dort schieben die Täter die Schuld oft auf das Opfer. Warum hat die Vergewaltigte einen kurzen Rock getragen? Und warum die Lippen geschminkt? Warum hat die SVP einen der beiden Kandidaten ausgewechselt? Und warum den Sitz der BDP-Bundesrätin angegriffen?

Noch eigenartiger ist, dass die Vergewaltigung der SVP unter lautstarkem Applaus fast der gesamten Medienlandschaft erfolgte. In der Sendung «10 vor 10» konnte die Sprecherin ihre überschäumende Schadenfreude kaum verbergen. Unser Staatssender kommentierte die Berücksichtigung einer Fünf-Prozent-Partei und die Vergewaltigung der Wählerstärksten mit den unsäglichen Worten: «Man will ­eine Politik der Stabilität.» Und weiter in der Sendung «10 vor 10»: «Nein, der Konkordanzgedanke besteht weiterhin.» Lüge ist Wahrheit. Wahrheit ist Lüge. Die Vergewaltigung hat überhaupt nicht stattgefunden.

Irgendwie plagt die Täter jetzt das böse Gewissen. Sie fühlen den Drang, ihre Tat nachträglich zu rechtfertigen. Darum müssen sie der vergewaltigten Minderheit alle bösen ­Eigenschaften anhängen. Darum fallen sie mit Beschimpfungen, Schuldzuweisungen und Häme über die SVP her. Oder schreiben die SVP-Vertreter kurzerhand krank – wie damals im Sowjetstaat. Im Blick am Abend ortet ein Gassenpsychologe «narzisstische Persönlichkeitsstörung». Doris Fiala, der bekanntlich jeder Narzissmus abgeht, warnt Christoph Blochers Freunde, dieser verkomme zur «tragischen ­Figur». Vielleicht sollte sich die plappernde FDP-Frau weniger um angeblich tragische SVP-Figuren kümmern. Sondern um ihre Krippenfiguren. Frohe Weihnachten.

Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat.