Weltwoche: Tobias Dilsch, wie verändert die Elektrifizierung den Markt für Nutzfahrzeuge?

Tobias Dilsch: Das verändert den Mark massiv, weil sich das Verhalten des Kunden mit ändert. Es braucht in der Werkstatt beispielsweise eine Ladeinfrastruktur und für Starkstrom geschultes Personal, wenn man elektrische Nutzfahrzeuge einsetzt. Das ist alles machbar, aber man braucht eine neue Strategie, um sich von Routinen, die jetzt hundert Jahre Bestand hatten, zu lösen. Dass sich der Markt hin zur Elektrifizierung ändert, ist keine Frage. Die Frage ist nur, wann das passiert. In der Schweiz ist die Elektrifizierung insofern problemlos umsetzbar, weil die Ladeinfrastruktur eine der besten in Europa ist.

Weltwoche: Peugeot ist führend im Markt für elektrifizierte leichte Nutzfahrzeuge, was macht Ihr Fahrzeugangebot so attraktiv?

Dilsch: Im Jahr 2022 hatten wir 15 Prozent Anteil im Markt für leichte elektrische Nutzfahrzeuge und waren damit die Nummer eins. Der Grund ist, dass wir sehr weit mit der Elektrifizierung leichter Nutzfahrzeuge sind. Wir bieten für jedes Modell eine elektrifizierte Variante mit einer sehr leistungsfähigen Batterie an. Beim Expert gibt es zudem auch jede Karosserievariante – diese Mischung macht den Erfolg auf dem Schweizer Markt aus. Sehr gefragt ist der e-Expert mit Chassiskabine, womit sich jeder Aufbau kombinieren lässt wie Pritsche oder Kipper. Das ist attraktiv für Gemeinden oder Landschaftsgärtner.

Weltwoche: Die Elektrifizierung geht im PKW- und im Nutzfahrzeugbereich gleichermassen schnell voran. Welche Herausforderungen bringt das mit sich?

Dilsch: Für uns geht es darum, dass wir unseren Beitrag zur Erreichung der CO2-Ziele leisten, wobei wir es mit verschiedenen Variablen zu tun haben. Dazu muss unser Händlernetz relativ schnell auf Elektrifizierung umgestellt werden. Da geht es um die technische Schulung, es stellen sich im Bereich der Kundenberatung aber auch neue Fragen: «Wie fahre ich mit einem Elektrofahrzeug?» oder «Wie lade ich?».

Weltwoche: Was muss der Malermeister aus Zollikon beachten, der einen elektrischen ​Peugeot e-Expert anschaffen will?

Dilsch: Die wichtigste Frage, die es zu Beginn zu klären gibt, ist, welche Distanzen täglich gefahren werden. Eine Mehrheit der Nutzer leichter Nutzfahrzeuge haben einen Radius von weniger als 150 Kilometer pro Tag. Da ist es kein Problem, über Nacht in der Werkstatt zu laden. Zudem ist die Elektrifizierung der Flotte eine ausgezeichnete Werbestrategie – mit null Emissionen zum Kunden zu fahren, kommt in einer grüner werdenden Gesellschaft gut an. Ansonsten ändert sich nichts. Die Nutzlast unserer E-Modelle ist lediglich hundert Kilogramm niedriger, das Raumangebot ist genau gleich. Ich sehe es so: Je früher man umstellt, desto besser ist man für die Zukunft aufgestellt.

Weltwoche: Wie sieht der Preisvergleich zwischen E- und Verbrennungsmotoren aus?

Dilsch: Der Anschaffungspreis ist beim elektrifizierten Modell etwas höher, der Unterhalt ist danach jedoch deutlich günstiger. Aber wir schauen das mit jedem Kunden im Detail sorgfältig an. Ein wichtiger Faktor ist natürlich der Strom- oder Dieselpreis. Wenn beispielsweise eine Solaranlage mit Pufferbatterie in der Werkstatt installiert ist, um das Auto zu laden, sieht die Kostenrechnung anders aus.

«Mit null Emissionen zum Kunden zu fahren, kommt in einer grüner werdenden Gesellschaft gut an.»Weltwoche: Gibt es Nachteile der Elektrifizierung im Alltag als Handwerker oder Dienstleister?

Dilsch: Fast alle unserer Kunden, die auf Elektro umgestiegen sind, sind sehr zufrieden. Die haben den Umstieg aber auch bewusst vollzogen. Insbesondere das ruhigere, fast geräuschlose Fahren erachten viele als Vorteil. Bei den anderen ist die Reichweite ein Thema, deshalb braucht es auch zu Beginn eine sorgfältige Analyse. Wer täglich von Zürich über Bern nach Genf und zurück fährt, wird mit einem elektrischen Transporter nicht glücklich.

Weltwoche: Zu batterieelektrischen Antrieben kommen nun Konzepte mit Brennstoffzelle und Wasserstoff. Welche Variante eignet sich für wen?

Dilsch: Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile, der wichtigste Unterschied ist die Reichweite. Beim Wasserstoff ist sie nicht nur höher, sie ist auch weniger abhängig von äusseren Faktoren wie der Temperatur. Der Tankvorgang dauert dazu lediglich einige Minuten, und es gibt keinen Stau an den Ladestationen. Für die grösseren unter den leichten Nutzfahrzeugen ist der Wasserstoff auf jeden Fall ein Versprechen für die Zukunft.

Weltwoche: Der Peugeot e-Expert Hydrogen befindet sich sozusagen auf der Startrampe. Wann kommt dieses Modell?

Dilsch: Wir hoffen, dass der Hydrogen noch dieses Jahr kommt, in Deutschland und Frankreich ist er bereits auf dem Markt. Wir müssen insbesondere dafür sorgen, dass es eine Werkstatt gibt, welche im Bedarfsfall die Gastanks reparieren kann, auch wenn das der absolute Ausnahmefall ist. Als Ersatz für den klassischen Diesel ist Wasserstoff die momentan einzige Lösung, um Reichweite zu ermöglichen. Die Entwicklung braucht natürlich noch etwas Zeit, aber sie läuft auf Hochtouren und wird auch im LKW-Bereich unumgänglich sein.

Tobias Dilsch, 48, ist seit Frühjahr 2022 ManagingDirector von Peugeot Schweiz. Davor war der Diplom-​Ingenieur unter anderem Marketingdirektor und Verkaufsdirektor im internationalen Automobilgeschäft.