Wir erleben gerade die breitbandige Versachlichung des Individualverkehrs, denn die fortschreitende Elektrifizierung des Fuhrparks führt auch dazu, dass das Autofahren etwas weniger emotional wird. So angenehm und oft sinnvoll ein Elektromotor auch ist, es fehlt ihm die Aura der Unverwechselbarkeit. Mit einem Elektromotor lässt sich auch eine Waschmaschine oder ein Rollstuhl antreiben; ein Sechszylinder-Boxermotor, ein V8 mit Turboaufladung oder gar ein frei saugender V10 hingegen sind nicht nur Meisterwerke der Ingenieurskunst, sondern auch Charakterdarsteller, die man zwar nicht sieht, dafür aber hören und spüren kann.

Es stimmt aber natürlich auch, dass im Alltag eine gewisse Sachlichkeit ganz angenehm ist, wenn man im Auto zu Geschäftsterminen, Familientreffen oder Einkaufstätigkeiten unterwegs ist. Als ich die vergangenen zwei Wochen in einem orangefarbenen Alpine A110 S unterwegs war, ging mir ständig die Frage durch den Kopf, wofür ein solches Auto Sinn ergeben könnte.

Die Antwort ist letztlich einfach: In den kleinen, zweisitzigen Sportwagen aus Frankreich mit seiner grossen Geschichte setzt man sich dann, wenn das Autofahren an sich im Mittelpunkt steht. Beim Einsteigen geht es tief hinunter, was ab einem gewissen Alter meist nicht mehr vollendet elegant wirkt. Und einmal hinter dem Steuer, muss man sich selbst mit einer durchschnittlichen Körpergrösse von 1,78 Metern an wenig Bewegungsfreiheit gewöhnen. Meine Knie jedenfalls waren während jeder Fahrt in einen undramatischen Konflikt mit der Lenksäule involviert.

Der Grund für all das ist die simple Formel der Neuauflage des Alpine, die auf dem Prinzip «Kleiner, leichter, schneller» beruht. Der Sportwagen mit einer Aluminiumkarosserie und einem schlichten, funktionalen, aber ästhetischen Design wiegt lediglich 1215 Kilogramm. Ein leistungsmässig vergleichbarer BMW Z4 sDrive 30i bringt – als Roadster allerdings – beispielsweise 1490 Kilogramm auf die Waage, ein Porsche 718 Cayman 1335 Kilogramm.

Beim Alpine A110 S sorgt die Kombination aus reduzierter Masse und kraftvollem, aber kompaktem Antrieb für ein ziemlich unvergleichliches Fahrerlebnis: Der Turbobenziner mit vier Zylindern leistet 300 PS, beschleunigt den Zweisitzer in 4,2 Sekunden auf 100 km/h und macht ihn bis zu 275 km/h schnell. Wobei bei dieser Art von Auto wohl eher Wendigkeit und Beschleunigung statt Höchstgeschwindigkeit interessant sind. Und vor allem klingt das sportliche Aggregat ziemlich vorlaut, was sich mit einem Druck auf die verführerische rote «Sport»-Taste am Lenkrad noch steigern lässt. Und dann ist man definitiv da, wo man mit dem Alpine hinmöchte: auf einer Fahrt, die nur das Ziel hat, die emotionale Seite des Autofahrens zu erleben.

Alpine A110 S

Motor/Antrieb: 4-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Heckantrieb; Hubraum: 1798 ccm; Leistung: 300 PS / 221 kW; max. Drehmoment: 340 Nm /2400 U/min; Verbrauch (WLTP): 7 l/100 km; Beschleunigung (0–100 km/h): 5,4 sec; Höchstgeschwindigkeit: 242 km/h; Preis: ab Fr. 79 900.–