Wenn es einen Ort auf dieser Welt gibt, den jedes Kind kennt und der keinerlei Eigenwerbung machen muss, dann ist das Rom. Rom ist mehr als bloss der Name einer Stadt – die drei Buchstaben stehen für einen Brand. Rom ist Projektionsfläche, Sehnsuchtsort und Freilichtmuseum zugleich. Rom ist Gegenwart, ein wenig Zukunft, ja, vor allem aber Vergangenheit. Rom ist eine Schatzkiste voller Geschichten und Legenden. Und Rom ist ein Magnet. Denn früher oder später, daran führt kein Weg vorbei, landen wir alle dort, heisst es.

Das gilt offenbar selbst für Griechen. Nehmen wir Sotirios Voulgaris, geboren 1857 in Paramythia in der Region Epirus im Nordwesten von Griechenland, damals Teil des Osmanischen Reichs; von dort fliegt eine Eule schneller bis zum italienischen Stiefelabsatz als nach Athen. Der ausgebildete Silberschmied Voulgaris landete (auf dem Landweg) nach Zwischenaufenthalten erst in Korfu, dann in Neapel und schliesslich in der italienischen Hauptstadt. Der Zuwanderer eröffnete 1884 eine erste Schmuckboutique an der Via Sistina 85. Zehn Jahre später taufte Voulgaris eine zweite Boutique an der Via dei Condotti auf seinen Nachnamen, den er zwischenzeitlich dem örtlichen Hörempfinden entsprechend angepasst hatte. 1905 folgt ein drittes Bulgari-Geschäft an derselben Strasse. Noch römischer wurde es Mitte der dreissiger Jahre, als man entschied, das U im Firmennamen entsprechend dem klassischen lateinischen Alphabet zum V umzustilisieren.

 

Umarmung der Vergangenheit

Sotirios Bulgari ist somit der Grund, weswegen heuer das 140-jährige Bestehen der Marke gefeiert werden darf. Dieses gehört seit 2011 zwar der französischen Luxusgruppe LVMH, doch Nicola und Paolo Bulgari, die Enkel von Sotirios, leiten das Unternehmen bis heute als Vorstandsvorsitzende. In Rom wiederum ist es Bulgari-CEO Jean-Christophe Babin, der kürzlich die angereisten Gäste im Innenhof der antiken Diokletiansthermen begrüsste, die in den Jahren zwischen 298 und 306 während der Herrschaft von Kaiser Diokletian erbaut wurden. Wie so viele von Roms antiken Wundern verfügt auch das Setting im Innern des ehemaligen Badehauses über eine beeindruckende Patina und über ehrfurchtgebietende Dimensionen – 2000 Römer kamen hier einst gleichzeitig auf ihre Wellness-Kosten.

An diesem geschichtsträchtigen Ort fand Mitte Mai eine exklusive Soirée statt, an der sich alles um die neusten high jewellery-Kreationen drehte. «Aeterna», wie der Name der Jubiläumskollektion bereits vermuten lässt, zollt Rom, der Ewigen Stadt und Bulgaris ewiger Muse, Ehrerbietung. Die Marke selbst spricht von einer «Ode an die einzigartige Fähigkeit der römischen Maison, die Vergangenheit zu umarmen». Mit der 153 Stück umfassenden Kollektion forme man einerseits eine komplett neue Gegenwart, gleichzeitig male man sich «eine prächtige, schöne Zukunft» aus.

Die Vorbereitungen für «Aeterna» begannen bereits vor einigen Jahren. Vor Ort in der Thermenanlage, die eine atemberaubende Kulisse für die modernen Schmuckentwürfe darstellt, stellt ein Marketing-Mitarbeiter einzelne herausragende «Aeterna»-Entwürfe vor. Es handle sich dabei um «mehr als eine Kollektion» und vielmehr um «ein Manifest des Savoir-faire von Bulgari».

Besonders schön versinnbildlicht diesen Gedanken die Halskette «Moneta. Bei diesem statement piece trifft eine seltene Bronzemünze mit dem Antlitz von Kaiser Augustus (geprägt zwischen den Jahren 14 und 37) auf 149 grüne Smaragdperlen, achtzig weitere Smaragde sowie Diamanten in Pavé-Fassung.

 

«Halskette des Jahrhunderts»

Highlight der Kollektion aber ist eine glorreiche Halskette namens «Serpenti Aeterna», in deren Erschaffung laut Angaben der Maison die Anstrengungen von sage und schreibe 2400 Arbeitsstunden geflossen sind. Das Schmuckstück würdigt die Schlange, dem vielleicht ikonischsten aller Bulgari-Symbole, entstanden in den vierziger Jahren und inspiriert von antikem Schlangenschmuck, an dem einst historische Celebrities wie Pharaonin Kleopatra Gefallen fanden. Beim «Serpenti»-Collier wurde der Kopf des Reptils für einmal dezent auf der Rückseite platziert und zum Verschluss umfunktioniert. So stiehlt dekolletéseitig nichts den sieben birnenförmigen Diamanten die Show, die elegant am Schwanz der Schlange baumeln und deren Gewicht addiert exakt 140 Karat ergeben.

An der Bulgari-Soirée ist es die indische Schauspielerin, Sängerin, Schönheitskönigin und Bulgari-Botschafterin Priyanka Chopra, die das Schmuckstück trägt. Jean-Christophe Babin bezeichnet das 40-Millionen-Euro-Collier unumwunden als «Halskette des Jahrhunderts». Während der Modeschau im Chiostro Piccolo della Certosa, einem Innenhof der Thermen, und beim anschliessenden Dinner im Kreuzgang von Michelangelo funkeln einem die «Aeterna»-Preziosen vom Hals der Models und von den Handgelenken weiterer Prominenz wie Markenbotschafterin Anne Hathaway, Carla Bruni oder Isabella Rossellini entgegen.

Beim Interview mit dem Bulgari-CEO sticht Babins Uhr ins Auge. Es ist das von Gérald Genta entworfene erste Männerarmbandmodell aus dem Jahr 1977. Genta verpasste dieser ein ikonisches Design, indem er sich von römischen Münzen inspirieren liess; den Namen des Modells, «Bulgari Bulgari», gravierte er protzig und frech auf die Lünette.

«Was Schmuck anbelangt, sind wir ein italienischer Brand», so Babin, «aber eine gute Uhr kann einzig aus der Schweiz kommen.» Er verweist auf die 600 Mitarbeitenden, die in den Bereichen Habillage und Assemblage tätig sind. Babin selbst pendelt zwischen Lausanne, Rom und Neuenburg, wo sich der globale Firmensitz von Bulgari Horlogerie SA befindet. «Unsere Uhren sind fabriquées en Suisse, vereinen darüber hinaus aber die italienische Besessenheit für Ästhetik mit schweizerischem Know-how im Bereich der mikromechanischen Ingenieurskunst», so der CEO.

 

Auferstehung einer Stadt

Für Antoine Pin, der die Uhrendivision von Bulgari leitet, zählt das Zelebrieren der Freude am Leben nicht nur zur Identität des Hauses – vielmehr sei diese ein Ausdruck der italienischen Kultur. Pin erzählt von früher; von 1918, als man die erste Schmuckuhr vorstellte; von 1937, als man Uhren mit der Tubogas-Technik entwickelte; von 1975 und dem ersten «Roma»-Modell; von späten nuller Jahren, als man endgültig zu einer richtigen Manufaktur geworden sei.

Pin spricht auch ein Lob für seinen Creative Director aus. Fabrizio Buonamassa verstehe es wie niemand sonst, mit rationalem Geist sinnvolle Designs zu entwickeln, die gleichzeitig Spass und Freude ausdrücken würden. Als Klammer für die Uhrenentwürfe der «Aeterna»-Kollektion entschied sich Buonamassa für das Thema Feuerwerk – und tatsächlich ist jedem Armband und jeder «Secret Watch» anzumerken, welch Feuerwerk an Ideen hier gezündet wurde.

Zum Schluss wird Pin philosophisch: «Wir können die Zeit anzeigen, aber wir können sie nicht kontrollieren, anhalten oder beherrschen», so der Uhren-Chef. Zeit ist und bleibt für Bulgari ein ewiger Quell der Kreativität und der Inspiration. So wie Rom. Und interessanterweise ist auch Rom gerade dabei, sich neu zu erfinden. Zu lange ächzte die Stadt, insbesondere das centro storico, unter der monströsen Last des in jeder Gasse spürbaren Overtourism. Eine Sphäre höher aber, im luxuriöseren Tourismus, tut sich gerade viel. Dort trifft man sich zum Aperitif im prachtvollen Garten des Hotels «Le Jardin de Russie» nahe der Piazza del Popolo, nächtigt man im irrsinnig eleganten «Six Senses Rome» neben der Chiesa di San Marcello al Corso oder checkt ein im neuen «Bulgari Hotel Roma» beim Mausoleo di Augusto, ganz so wie Hathaway, Chopra, Rossellini und Co., wenn sie, wie kürzlich, mal wieder in der Stadt sind, wenn es was zu feiern sind. Bei Bulgari, übrigens, laufen bereits die Vorbereitungen für das 150-Jahr-Firmenjubiläum. Man ist der Zeit eben stets ein Stück voraus.