Das Drehbuch hat sich seit vielen Jahren eingespielt wie ein alter Leierkasten: Der höfliche Klaus Schwab lässt zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos den jeweiligen Schweizer Bundespräsidenten oder die jeweilige Bundespräsidentin eine Rede halten.

Dies geschieht in mehr oder weniger gepflegtem Englisch, Bundespräsidentin Viola Amherd sprach diesmal Deutsch. Genau wie das Ritual dieser bundespräsidialen Rede offenbart sich Jahr für Jahr das so gut wie vollständige Desinteresse der internationalen Teilnehmerschaft an diesem Eröffnungsreferat des Davoser Gipfeltreffens. Nur gerade die Schweizer Medien geben sich entzückt und glauben an die Wirkung dieser Worte.

Der Grund liegt auf der Hand, auch wenn ihm niemand auf den Grund gehen will: Die Schweizer Bundespräsidenten sprechen – egal, welcher Partei sie angehören – regelmässig über die Probleme und Herausforderungen der ganzen Welt. Konkret: über Armut, Hunger, Klima, Krieg und Katastrophen.

Davon aber verstehen weder die jeweiligen Bundespräsidenten besonders viel noch ihre Verwaltungen, welche in Bern die Reden schreiben. Ohne unseren Bundesräten zu nahe zu treten, muss man feststellen, dass ihnen die globalen Erfahrungen und die entsprechenden Einsichten ganz einfach fehlen, um am WEF diesbezüglich als Autoritäten auftreten zu können. Unzählige andere Teilnehmer wissen mehr und können mehr.

Warum in aller Welt sprechen unsere Bundespräsidenten nicht über Themen, von denen sie mehr verstehen als die übrigen WEF-Besucher: nämlich über die Vorteile, Möglichkeiten und Chancen der Schweizer Staatssäulen, über unseren eigenständigen Weg ausserhalb der EU, unsere immerwährende bewaffnete Neutralität, unsere direkte Demokratie, unseren Föderalismus, unsere sprachlich-kulturelle Vielfalt, unsere Konkordanz und unsere starke Stellung im globalen Markt?

Das WEF ist kein Ort der Weltverschwörung, sondern eine Art Messebetrieb, bei dem die Politiker ihre Länder genau wie die Unternehmer ihre Firmen ins beste Licht zu rücken versuchen. Warum in aller Welt tut die offizielle Schweiz das eigentlich nicht?

Die 3 Top-Kommentare zu "An jedem WEF das gleiche Ritual: Der Schweizer Bundespräsident doziert Weltpolitik, statt unser Land zu erklären"
  • Ich informiere mich

    Die aktuelle Bundespräsidententin Viola Amherd ist sehr daran interessiert, auf der Weltbühne mitzutanzen und ist nicht einmal fähig festzustellen, dass das die Welt nicht interessiert. Aber an Ihrem Departement ist die Nato interessiert einen neuen Zahlmeister für diesen Angriffspackt zu finden.

  • observer99

    Am besten AM HERD.

  • okamiT

    Genau Herr Mörgeli, so ist es! Warum nicht wie Emmanuel Macro mit seiner Rede (zwar mehr ein Wahlspot für die Wiederwahl?) am WEF 24. Siehe Weltwoche Daily: …. Mehrfach erwähnt: …. Es ist uns gelungen etc.