Am Donnerstag wurde in Genf ein besonderes Stück Schweizer Sportgeschichte geschrieben: Zum ersten Mal geht der Eishockey-Meistertitel nach Genf – zum Genève/Servette HC, dem 1963 aus der Fusion des Servette HC und des HC Genève entstandenen Klub.

Dass die Genfer 117 Jahre nach der Gründung des ersten Eishockey-Vereins in der Calvinstadt die Trophäe in der Hand halten, ist ein kleines Wunder. 1980 war der Klub in der Drittklassigkeit verschwunden. Und im Januar 2018 stand er vor dem Ruin: Der kanadische Präsident Hugh Quennec konnte die Rechnungen nicht mehr bezahlen, es drohte der Konkurs.

Die «Fondation 1890» um Didier Fischer, Genfer mit Zürcher Wurzeln, eilte zu Hilfe. Wie zuvor schon Quennec kontrolliert er seither sowohl den HC Genf/Servette wie auch den Servette FC.

Der Hockeyklub erreichte seit der Übernahme zweimal den Final. Nun krönte er sich gegen den EHC Biel zum Champion – als erster Vertreter aus der Romandie seit fünfzig Jahren und dem HC La Chaux-de-Fonds 1973.

Es ist ein Erfolg, der sportlich von herausragendem Wert ist. Durch den Krieg in der Ukraine wurde die russische KHL, die zuvor viele Topausländer beschäftigt hatte, quasi zum sportlichen Unort. So suchten diverse Spitzenspieler einen neuen Arbeitsort – und wurden in der Schweiz fündig.

Im Playoff-Final waren vor allem Spieler aus Finnland, dem Land des Weltmeisters und Olympiasiegers, omnipräsent: auf Genfer Seite Sami Vatanen, Teemu Hartikainen und Valtteri Filppula, im Team der Bieler Toni Rajala, Jere Sallinen und Harri Säteri. Die Genfer komplettierten mit dem Schweden Linus Omark, mit Daniel Winnik, dem kanadischem Schwergewicht mit 850 NHL-Partien im Palmarès, sowie mit dem schwedischen «Perpetuum mobile» Henrik Tömmernes ihr meisterliches Ensemble.

So ist der Triumph der Genfer auch das Verdienst einer herausragenden Personalstrategie. Während andere Schweizer Sportchefs die (nach der Aufstockung des Ausländerkontingents) frei gewordenen Stellen an Ergänzungsspieler vergaben, verpflichtete die Servette-Führung Import-Spieler aus dem gehobenen Lohn- und Leistungssegment.

Es war eine meisterliche Entscheidung. Aber so zynisch wie es auch tönen mag: Ohne den Krieg in der Ukraine könnte Genf/Servette heute wohl nicht über den grössten Erfolg in der Klubgeschichte jubeln.