Während der Nato-Gipfel näherrückt, warnen Experten vor den Risiken, die eine engere Anbindung der Ukraine an das Bündnis mit sich bringen könnte.

In einem öffentlichen Brief forderten mehrere Aussenpolitik-Experten die Nato-Mitglieder auf, Schritte hin zu einer Mitgliedschaft der Ukraine zu vermeiden. Sie argumentieren, dies könnte die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten gefährden und das Bündnis destabilisieren.

Zentraler Punkt ihrer Kritik ist die Gefahr, dass ein Angriff auf die Ukraine in Zukunft den Artikel 5 des Nato-Vertrags auslösen würde. Dieser verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, gemeinsam zu reagieren. «Je näher die Nato kommt, der Ukraine eine Mitgliedschaft zu versprechen, desto grösser wird der Anreiz für Russland, den Krieg fortzusetzen», heisst es im Schreiben, das von über sechzig Experten unterzeichnet wurde und dem Magazin Politico vorliegt. «Die Herausforderungen, die Russland darstellt, können bewältigt werden, ohne die Ukraine in die Nato aufzunehmen.»

Die Debatte über die Zukunft der Ukraine innerhalb der Nato ist vor dem Gipfel in Washington heiss entbrannt. Auf der einen Seite gibt es Stimmen wie die der Rand Corporation und des Atlantic Council, die argumentieren, dass eine klare Perspektive für die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine notwendig sei, um die westliche Unterstützung sicherzustellen.

Auf der anderen Seite stehen Experten wie William Ruger vom American Institute for Economic Research und Stephen Wertheim von der Carnegie Endowment for International Peace, die die Risiken betonen.

Der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat in einem Artikel in Foreign Affairs angedeutet, die Nato werde ihre Unterstützung für die Ukraine weiter ausbauen, ohne explizit eine Mitgliedschaft zu erwähnen. «Wir wollen klarstellen, dass wir langfristig dabei sind. Eine verstärkte Unterstützung macht die Nato nicht zu einer Konfliktpartei», schrieb Stoltenberg.

Die Biden-Administration hat sich bisher zurückhaltend gezeigt, was eine sofortige Mitgliedschaft der Ukraine betrifft. Hochrangige US-Beamte haben allerdings in Aussicht gestellt, der Ukraine werde auf dem Gipfel eine «Brücke» in das Bündnis angeboten. Diese solle neben militärischer Hilfe auch die Einrichtung eines neuen Nato-Hauptquartiers umfassen, um die militärische Unterstützung für die Ukraine zu koordinieren.