Ich habe den Eindruck, vielen Leuten bei uns ist nicht ganz klar, was am 7. Oktober im Süden Israels passiert ist. Das war kein «Terroranschlag», wie wir in abgestumpfter Beiläufigkeit zu sagen pflegen. Es war der Ausbruch einer bestialischen Vernichtungsorgie, ein Fanatismus des Niedermetzelns, Quälens und Demütigens, vulkanisch sich austobender purer, diabolischer Hass, der ausserhalb dessen liegt, was ich in meinem persönlichen politischen Koordinatensystem in die herkömmlichen Zusammenhänge von Ursache und Wirkung bringen kann. Ist hier für einmal tatsächlich der Begriff des Bösen am Platz?

Wir Schweizer, verschont hinter unseren Bergen, längst der kriegerischen Wirklichkeit entwöhnt, die in anderen Weltteilen immer noch den Alltag regiert, haben die Neigung, jedes politische Ereignis als Resultat bestimmter Handlungen zu deuten, als Abfolge von Aktion und Reaktion. Wir sind es gewohnt, in Kompromissen zu denken, politische Auseinandersetzungen lediglich als Vorstufe sich irgendwann einmal einstellender Übereinkünfte und Einigungen zu begreifen. Zwangsläufig haben wir keine Vorstellung davon, was es bedeutet, wenn ich mit einem Gegner konfrontiert bin, der es darauf abgesehen hat, mich, meine Familie und alle meine Landsleute zu töten, auszulöschen.

Wäre Israel von Staaten und Menschen umgeben wie die Schweiz, hätte das Land seine Armee wohl längst abschaffen und die Milliarden, die die Rüstung und der Schutz der eigenen Bevölkerung verschlingen, sparen oder in sinnvollere Projekte investieren können. Die bestialische Attacke vom 7. Oktober aber macht deutlich, dass der Staat der Juden im Nahen Osten nach wie vor von Kräften bedroht ist, die nichts Geringeres bezwecken, als Israel und die Israeli zu vernichten, diesem Volk und seinem Land das Existenzrecht zu verweigern, und die dieses Ziel mit einer Brutalität verfolgen, die auch davor nicht zurückschreckt, die eigene, die palästinensische Bevölkerung zu opfern.

Vielleicht liege ich falsch, aber wenn ich die Debatten und Berichte in unseren Medien zur Lage verfolge, beschleicht mich das Gefühl, dass wir immer noch im Begriff sind, das Vorgefallene zu verharmlosen und in falschen Zusammenhängen zu deuten. Für mich ist die Hamas keine «Miliz», wie das Schweizer Fernsehen berichtet, sie ist auch kein «Verhandlungspartner», wie eben noch der Schweizer Diplomat Thomas Greminger in einem Interview bekannte. Die Hamas ist für mich eine Mördersekte, getrieben von angeblich religiös begründetem Hass, der das ​​​​​​​Religiöse ​​​​​​​allerdings ​​​​​​​nur ​​​​​​​benutzt, ​​​​​​​um ​​​​​​​finsterste ​​​​​​​Instinkte ​​​​​​​zu ​​​​​​​entfesseln.

Mag sein, dass ich damit allzu pauschal urteile und der Komplexität des seit biblischen Zeiten herrschenden nahöstlichen Unfriedens nicht gerecht werde. Ich stelle einfach ab auf meine persönlichen Eindrücke und Erfahrungen, vor allem auf die Lektüre des damaligen Hamas-Programms, das wir in der Weltwoche abgedruckt haben und das in der ungeschminkten Ausdrücklichkeit seiner Forderung, jeden Juden, wo immer er sich auch «verstecken» möge, umzubringen, zu erschlagen, alles Vergleichbare an Grässlichkeit übertrifft. Selbst Hitlers Hetzschrift «Mein Kampf» ist zurückhaltender formuliert als das Hamas-Evangelium des Todes.

Ich frage mich, ob das den Schweizer Aussenpolitikern bewusst ist, die heute zögern und herumeiern, wenn es darum geht, eine Hamas als terroristische Organisation zu verbieten. Ich will da keinem böse Absicht unterstellen und glaube auch nicht, dass dahinter zwangsläufig eine heimliche Sympathie für diese Gruppierung oder ein Ressentiment gegen Israel stecken muss. Vermutlich ist es nur Ahnungslosigkeit, Gutgläubigkeit oder eben der uns Schweizern innewohnende Hang zum Gespräch und zum Kompromiss, der uns den Blick verstellt auf die leider unzerstörbare, existenzielle Dimension gewisser politischer Konflikte.

Ich zucke deshalb auch immer etwas zusammen, wenn ich jetzt in unseren Medien und von unseren Politikern die Forderung an die Adresse Israels höre, die Regierung möge sich gegenüber der sich im Gazastreifen verschanzenden Hamas bitte zurückhalten. Es dürfe kaum oder «keine zivilen Toten» geben. Natürlich ist das im Grundsatz richtig, und jeder Rechtsstaat muss sich an das Kriegsrecht halten, das den Streitkräften einen möglichst schonungsvollen Umgang mit der Zivilbevölkerung des Feindes auferlegt. Trotzdem sind die gutgemeinten Ratschläge irrig, weil sie von der falschen Annahme ausgehen, es handle sich bei Israel und der Hamas um gleichrangige Kriegsparteien.

Das ist nicht der Fall. Israel ist ein Rechtsstaat. Die Hamas-Leute sind Psychopathen. Jede Hamas-Rakete auf Israel ist ein Kriegsverbrechen, weil die Hamas absichtlich auf Wohngebiete zielt, nicht auf Truppenstützpunkte. Umgekehrt versteckt sich die Hamas feige hinter ihrer eigenen Zivilbevölkerung, hat sie ihre Hauptquartiere und Waffenlager bewusst in Wohnhäusern, Schulen oder auch Spitälern angelegt. Die Hamas benutzt die Palästinenser als Schutzschild und als Propagandawaffe, um mit den zivilen Toten, die sie selber provoziert, die Öffentlichkeit gegen Israel aufzuhetzen.

Dieses finstere Spiel dürfen wir nicht mitmachen. Wer Israel verbietet, zivile Opfer in Kauf zu nehmen, verweigert Israel faktisch das Recht auf Selbstverteidigung in diesem asymmetrisch geführten Krieg. Wir sollten uns auch von der Vorstellung verabschieden – meine Meinung –, die Israeli hätten durch die tatsächlich oder angeblich schlechte Behandlung der Palästinenser in den letzten Jahrzehnten das Hamas-Ungeheuer selbst gezüchtet. So macht man die Opfer zu Tätern. Die Hamas steht ausserhalb des politischen Konflikts um Palästina, weil sie diesen Konflikt politisch gar nicht lösen will, sondern ihn missbraucht, um einen Völkermord gegen die Juden anzuzetteln.

Daraus ziehe ich für mich folgende Schlussfolgerung. Israel muss die Hamas vernichten, um nicht selber von der Hamas vernichtet zu werden. Aber Israel führt keinen Krieg gegen die Palästinenser. Und Israel führt auch keinen Krieg gegen die Muslime. Wer die Hamas mit den Palästinensern gleichsetzt, erliegt der Propaganda der Mörder. Mit der Hamas kann es keinen Frieden geben.

Die 3 Top-Kommentare zu "Israels gerechter Krieg gegen die Hamas"
  • Chessklaus

    Ich bin mit Herrn Köppel nicht immer einer Meinung(muss man ja auch nicht) besonders in der Russlandpolitik),aber hier signalisiere ich 100% Übereistimmung. Er hat es auf den Punkt gebracht. Mit den Hamas kann man nicht verhandeln.

  • Pauline Postel

    Jetzt macht Herr Köppel das, was er ansonsten immer anprangert: einseitige Parteinahme und grobe Vernachlässigung der anderen Seite. Damit stellt er seine eigene Glaubwürdigkeit in Frage.

  • okamiT

    Siehe Artikel von Scott Ritter vor 11 Stunden. Ist das fake oder Herr Köppel sieht nicht “ the whole picture”? Ich glaube, vielleicht liege ich falsch etc. ist manchmal zu viel,,,,,, und nicht WW Chef Redaktor würdig.