Die Tonlage war gesetzt, bevor es dazu kam. Nach der Ankündigung eines Interviews des US-Moderators Tucker Carlson mit Wladimir Putin waren sich die Medien schon im Voraus einig, dass davon nicht viel zu erwarten sei.

In der Nacht auf Freitag veröffentlichte Carlson das zweistündige Gespräch. Die Reaktion der Journalisten deckt sich mit deren Prognosen.

Das Interview habe den hohen Erwartungen kaum entsprochen, schreibt die NZZ. Wer Putins frühere Ausführungen zu Russland und der Ukraine kenne, «erfährt nichts Neues». Allerdings dürfte sich eine kleine Minderheit dieses Publikums mit diesen Positionen auseinandergesetzt haben, und westliche Medien transportieren sie auch kaum weiter.

Der Spiegel moniert, Carlson habe «kaum harte Fragen» gestellt und vor allem zugehört. Man könnte einwenden, dass Zuhören eine immer seltener werdende Qualität eines Gesprächsführers ist.

Auch nach Meinung von SRF hat der US-Journalist zu selten kritisch nachgehakt. Putin habe die Gelegenheit erhalten, «seine Ansichten unhinterfragt einem westlichen Publikum darzulegen».

«Fragen und Antworten wie bestellt», konstatiert der Tages-Anzeiger, und für die Frankfurter Allgemeine Zeitung war das Interview «die perfekte PR-Show» für Putin.

Das Onlineportal Watson stellt immerhin klar, dass Tucker Carlson bei Putins historischen Ausführungen durchaus Zwischenfragen stellte, der russische Präsident sich aber «kaum abbringen» liess von seinem Monolog.

Vom eigentlichen Inhalt des Gesprächs erfährt man in den Medienbesprechungen wenig. Am meisten kolportiert wird Putins Versicherung, er habe kein Interesse, irgendwelche anderen Länder anzugreifen.

Tucker Carlson durfte ohnehin nicht auf eine gnädige Berichterstattung hoffen. Seit dem Angriff Russlands kritisiert er eine aus seiner Sicht einseitige Information zugunsten der Ukraine durch westliche Medien. Damit hat er sich den Kredit verspielt, den er als «Trump-Demagoge» (Watson) ohnehin nie hatte.