Noch Ende März 2023 wies die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen Gewinn von 26,9 Milliarden Franken aus, und einige kantonale Finanzdirektoren und eidgenössische Parlamentarier machten sich bereits wieder Hoffnungen auf Gewinnausschüttungen.

Aber die seither im zweiten und dritten Quartal erlittenen Verluste von zusammen 25,8 Milliarden haben die Buchgewinne bis Ende September wieder weitgehend vernichtet. Zum Glück notierte das Gold etwas höher, sodass wenigstens auf dieser Position ein Gewinn von 1,1 Milliarden resultierte. Auch die Zinserträge auf den gedeckten Darlehen sowie den bis im August bestehenden Darlehen (UBS/CS) nach Notrecht beliefen sich auf 1,2 Milliarden. Ohne diese beiden Sondereinnahmen hätte per Ende September sogar ein Verlust resultiert.

In ihrem Zwischenbericht per Ende September beklagt die Notenbank den hohen Zinsaufwand auf den Giroguthaben der Banken bei der SNB, der sich auf 5,4 Milliarden belief. Dazu kamen zusätzliche Zinsaufwände in Höhe von 1,9 Milliarden aus liquiditätsabschöpfenden Operationen. Die SNB hat wohl bereits vergessen, dass sie zuvor von den Banken und den Sparern 12 Milliarden Negativzinsen illegal abkassiert hat, denn das Nationalbankengesetz hat die Zinsen auf Einlagen der Banken klar auf null begrenzt. Negativzinsen sind im Gesetz nicht vorgesehen. Per Saldo hat die SNB unserer Wirtschaft massiv Kaufkraft entzogen.

Ohne die zuvor illegal abkassierten Milliardenbeträge lägen die Eigenmittel nicht bei 67 Milliarden, was 8,2 Prozent der Bilanzsumme entspricht, sondern nur bei 6,8 Prozent beziehungsweise 56 Milliarden. Noch immer übersteigt die Bilanzsumme der SNB mit 822 Milliarden unser Bruttosozialprodukt von rund 800 Milliarden im laufenden Jahr. Der Löwenanteil der Aktiven besteht aus Kapitalanlagen in Fremdwährungen, aus Euro- und Dollar-Staatsanleihen und aus Aktien. Auf allen Positionen sind rasch Verluste von einigen Prozenten möglich, und jedes Prozent Kurseinbusse bedeutet für die SNB Verluste von 6 bis 8 Milliarden.

Wenn die SNB auf ihren Kapitalanlagen weitere 8 Prozent verliert, dann endet sie dort, wo die schwedische Notenbank unlängst angekommen ist. Der Chef der Riksbank musste im Oktober 2023 beim schwedischen Parlament um den Einschuss von 7 Milliarden Euro Kapital nachfragen, um das gesetzliche Mindestkapital von 40 Milliarden Kronen (3,5 Milliarden Euro) wiederherzustellen.

Auch die SNB war 2011 wohl kurzfristig überschuldet, aber sie zog sich mit der Festsetzung eines Euro/CHF-Mindestwechselkurses, mit dem die Fremdwährungsanlagen aufgewertet wurden, selbst aus dem Sumpf.

Die frühere Finanzministerin Widmer-Schlumpf hatte damals behauptet, die SNB könnte auch mit negativem Eigenkapital weiterarbeiten. Damit wollte sie wohl Fragen nach einer Nachfinanzierung durch die Kantone und den Bund ausweichen. Gesetzlich geregelt ist eine Überschuldung der SNB im Spezialgesetz über die Nationalbank nämlich nicht. Somit kämen die allgemeinen Vorschriften des Obligationenrechts zum Zuge. Eine Nachfinanzierung oder eine Liquidation wären dann die nächsten Schritte.

Es wäre an der Zeit, dass die potenzielle Überschuldung der SNB einmal im Parlament thematisiert wird, denn auszuschliessen ist eine solche Situation in absehbarer Zukunft nicht.