Der Soziologe Lew Gudkow ist wissenschaftlicher Leiter eines vom Staat unabhängigen Umfrageinstituts in Russland. Im Interview mit dem Tages-Anzeiger spricht er über die Stimmung im Land.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine beobachte er eine gleichbleibende Unterstützung der Russen für diesen Schritt. Rund 74 Prozent würden die Kampfaktionen gutheissen, so Gudkow.

Zwar wolle eine Mehrheit ein Ende des Kriegs. Doch das nur unter der Voraussetzung einer Kapitulation der Ukraine. 70 Prozent seien von einem Sieg Russlands überzeugt.

Putin wird gemäss seinen Umfragen vor allem von älteren Männern und Personen mit guter Bildung unterstützt. Besonders gross sei der Rückhalt in Moskau. Das sei überraschend, weil die Hauptstadt sonst als kritisch gegenüber dem Präsidenten gelte.

Verantwortlich dafür seien «antiwestliche Ressentiments». Die Regierung sei erfolgreich mit der Darstellung, der Krieg richte sich nicht gegen die Ukraine, «sondern gegen einen kollektiven Westen». Dieser wolle aus Sicht vieler Russland schwächen und erniedrigen.

60 Prozent sind laut den Befragungen der Ansicht, die USA seien verantwortlich für den Krieg. Sie glauben zudem, ihr Land wäre früher oder später ohnehin überfallen worden und sei dem nur zuvorgekommen.

Die «Antikriegsminderheit» umfasst laut Lew Gudkow nur etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Den anderen vermittle der Krieg ein Gefühl der Beruhigung, weil sie sich durch diesen als Grossmacht wahrnähmen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Tages-Anzeiger: Drei Viertel der Russen unterstützen den Krieg gegen die Ukraine. Das sagt der Chef eines unabhängigen Umfrage-Instituts. Vor allem ältere Männer und gutgebildete Menschen in Moskau stehen hinter Putin"
  • rahuch

    Hätte der "kollektive Westen" wirklich Frieden gewollt, hätte er Selensky vor 2 Jahren in Istambul freie Hand gelassen. Aber nein, man hat den Boris vorbeigeschickt und den Frieden verhindert. Die Ukraine wäre damals gar nicht so schlecht davongekommen. Das wissen natürlich die Russen auch... der Eindruck der Russen, dass gegnerische Treiber weiter westlich als die Ukraine liegt, kommt nicht von ungefähr...

  • kasch1

    Der Dombas samt Krim eine einzige US-Militärbasis, kaum störende Zivilisten, nur ein paar hundert km von Moskau entfernt ? Im Rücken bedingungslos verbündete und hoch motivierte Gehilfen ? Jedem Russen mit einem Funken Menschenverstand war und ist klar, was dies für die russische Föderation bedeutet hätte. Taiwan, eine einzige US-Militärbasis, noch utopischer, doch höchst geheim agierende US-Behörden wissen, Glück winkt letztlich nur dem Fleißigen !

  • Aufseher

    Sie sind ja besser informiert wie das Original. Sicher ist Russland kein Rechtsstaat. Dennoch dürfte die Zustimmung der Bevölkerung in Russland ähnlich hoch sein, wie die Ablehnung für die Ampelregierung in D. Dürfte auch an den tollen Sanktionen liegen, die weder wirtschaftlich, noch weniger politisch geschadet haben. Ja ein doppeltes Eigentor, des wertelosen Wertewestens!