Mit etwas Verspätung sind die Erschütterungen des russischen Angriffs auf die Ukraine nun auch in Afrika angekommen, wo jahrzehntelang Stellvertreterkriege zwischen der alten Sowjetunion und dem Westen gefochten wurden.

Wie so oft zieht sich auch diesmal ein tiefer Riss über die Bewertung der russischen Invasion durch den Kontinent. Während Kenia, Gabun und Ghana als die derzeitigen afrikanischen Mitglieder des Sicherheitsrats klar gegen Russland Stellung bezogen haben, machen viele Militärchefs und Präsidenten autoritär geführter (und Russland traditionell eng verbundener) Staaten wie der Zentralafrikanischen Republik oder Angola keinen Hehl aus ihrer Sympathie mit Moskau.

Ein wichtiger Faktor ist das starke militärische Engagement der Russen auf dem Kontinent. Viele afrikanische Staaten haben eine lose Form der militärischen Zusammenarbeit mit Moskau. Auch ist Russland gegenwärtig der grösste Waffenexporteur in das Afrika südlich der Sahara. Rund 16 Prozent des russischen Waffenhandels werden heute mit afrikanischen Regierungen bestritten.

Aber es gibt auch Kritiker, zum Beispiel der kenianische Uno-Botschafter Martin Kimani. Kenia verdanke seine Geburt wie viele andere Staaten des Kontinents dem Niedergang des britischen Imperiums – genau wie die Ukraine vor dreissig Jahren aus dem Kollaps des Sowjetreichs hervorgegangen sei. Afrikas Staaten seien in Grenzen entstanden, die sie selbst nie so gewählt hätten. Dennoch entschied sich der Kontinent 1963, die neuen Grenzen als sakrosankt anzuerkennen, um ständig neue Konflikte darum zu vermeiden.

Interessant bleibt dennoch, dass von den weltweit 35 Staaten, die sich im Uno-Sicherheitsrat der Stimme enthielten, rund die Hälfte aus Afrika kamen, darunter ausgerechnet auch Südafrika, das sich gerne damit rühmt, als früherer Apartheidstaat eine besondere Solidarität mit den unterdrückten Völkern der Welt zu üben.

Ein wichtiger Grund für die unterschwellige Sympathie für Moskau liegt hier gewiss in einer tiefen Loyalität. Während des Kalten Krieges unterstützte Moskau viele Widerstandsbewegungen in Afrika, insbesondere im Süden des Kontinents. Ältere Mitglieder der heutigen politischen Eliten studierten einst in Moskau und sprechen Russisch.

Ein weiteres Indiz für diese emotionale Nähe findet sich in den Namen südafrikanischer Townships, die bis heute Russki oder Gorbachev heissen. Auch haben viele Eltern ihren Kindern russische Vornamen gegeben, zum Beispiel Wladimir, Stalin oder Sputnik.