Nacherzählungen von literarischen Klassikern sind häufig ein Ärgernis. Meist haben sie nur den Sinn, berühmte Stoffe gekürzt und vereinfacht unter das lesefaule Publikum zu bringen: Reader’s Digest lässt grüssen.

Sinnvoll verzeihlich sind Nacherzählungen allenfalls im Jugendbuchsegment, um Jugendliche beispielsweise an klassische Sagen heranzuführen. Entstanden ist so ein Genre, das selbst wieder Klassiker hervorgebracht hat – von Gustav Schwab bis Auguste Lechner.

Anke Engelke ist keine Auguste Lechner und ganz sicher kein Gustav Schwab. Anke Engelke ist Kabarettistin. Genauer: deutsche Kabarettistin. Das heisst: Sie ist politisch weitgehend korrekt, will provozieren, ohne zu provozieren, und entlarven, ohne anzuecken. Kurz: Anke Engelke ist angepasste humoristische Durchschnittsware, hin und wieder lustig, meist nicht.

Nun hat Engelke einen Kinderbuchklassiker nacherzählt: «Die Häschenschule» von Albert Sixtus. Herausgekommen ist eine Karikatur des politisch korrekten Kinderbuches. Wo im Original noch die kleinen Häschenschüler vom strengen Lehrer an den Ohren gezogen werden, herrscht nun allgemeine Wokeness. Sie wolle «alte Rollenbilder ins Wanken» bringen, verkündet die Autorin auf ihrer Homepage – wie originell.

Entsprechend ist bei Engelke der Fuchs nicht mehr böse, sondern (wie die Autorin) ein Veganer, der Möhren liebt und sich mit den Häschen anfreundet. Dafür geht nunmehr die Gefahr für die Häschen vom Bauern aus, der Gift aus die Felder sprüht und mit seiner Mähmaschine kleine Tiere schreddert.

Die Reaktionen der Bauernverbände kamen umgehend: Das Buch sei eine Verunglimpfung der Landwirte. Mag sein. Viel schlimmer ist aber, dass das Buch das Bewusstsein einer städtischen Bevölkerung abbildet, die sich der Natur und der Herstellung von Lebensmitteln vollkommen entfremdet hat, dafür aber die Politik unserer Gesellschaft bestimmt.

Engelke steht exemplarisch für ein Sozialmilieu, das stolz ist auf seine Urbanität und Weltläufigkeit, aber jeden Kontakt zur Natur verloren hat. Man erträumt sich eine heile Welt, in der Fuchs und Häschen befreundet sind – und nur der Mensch böse ist. Genauer: der Bauer, der sät und erntet und uns alle ernährt. Man könnte darüber lachen – wenn es politisch nicht so brisant wäre (und zudem wunderschöne Buchklassiker verhunzt würden).

Die 3 Top-Kommentare zu "Wokeness im Kinderbuch: Anke Engelkes «Die neue Häschenschule» illustriert das Weltbild einer urbanen Elite, die jeden Kontakt zur Natur verloren hat, aber die Politik unserer Gesellschaft bestimmt"
  • muellmann

    Es ist sicher schwierig, wenn man aus dem Licht der Öffentlichkeit komplett verschwunden ist. Aber, ob ein Auftritt im Jungle Camp nicht weniger peinlich gewesen wäre?

  • reiner unsinn

    Anke Engelke war mal dafür bekannt, humoreske Sonderklasse zu produzieren. Heute ist sie dafür bekannt, woken, hoch toxischen Sondermüll zu produzieren. Zeiten ändern Dich.

  • pSz

    Das ist DAS Thema für unsere „Vera Natura“. 🤣