Der Skandal um den Milliardenabschreiber beim Verscherbeln der Credit Suisse an die UBS geht weiter. Der Bundesrat nötigte die Bankenaufsicht Finma, AT-1-Obligationen im Wert von sechzehn Milliarden Franken für wertlos zu erklären.

Dieses vom Regulator erfundene Gebastel einer Wandelanleihe sollte im Notfall das Eigenkapital einer Bank stärken. Darüber, ob dieser Abschreiber rechtens war, ist ein wüster Rechtsstreit mit den Investoren ausgebrochen, die sich die Milliarden ans Bein streichen sollen.

Neu erlangte Dokumente belegen, wie dubios hier die Bankenaufsicht, der Bundesrat und die Führung der Credit Suisse agiert haben.

 

Liquidierung über Nacht

Kurzer Rückblick: Am 19. März 2023, gegen Ende der ominösen Pressekonferenz, in der das Schicksal der CS besiegelt wurde, teilte die Finma mit, dass die CS alle AT-1-Kapitalinstrumente auf null abzuschreiben und die Investoren darüber umgehend zu informieren habe. Diese Anweisung erklärte die Finma als für sofort gültig, allfälligen Rekursen dagegen entzog sie die aufschiebende Wirkung.

Am 20. März verlangte die CS eine Bestätigung von der Finma, dass Contingent Capital Awards (CCAs) davon nicht betroffen seien. Hierbei handelte es sich um AT-1-Bonds, die als Bonus an Mitarbeiter der CS ausgegeben worden waren und separat zu den sechzehn Milliarden laufen. Die Finma wies am 22. März dieses Anliegen zurück; auch diese Boni seien auf null abzuschreiben. Auch hier wurde einem Rekurs die aufschiebende Wirkung entzogen.

Am 24. April reichte die CS beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag ein, entweder die sofortige Durchsetzbarkeit oder die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung für nichtig zu erklären. Am 27. April erteilte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Am Schluss musste dann die CS diese 360 Millionen Boni dennoch abschreiben.

Während sie sich aber dermassen für ihre Teppichetage einsetzte, machte sie keinerlei Anstalten, das Gleiche bezüglich des Abschreibers ihrer Investoren zu tun. Stattdessen führte sie sofort die Liquidierung dieser Bonds aus und informierte umgehend die Schweizer Börse; die Obligationen wurden aus den jeweiligen Depots über Nacht entfernt.

Als die Investoren ebenfalls ans Bundesverwaltungsgericht gelangten und für ihre Einsprachen aufschiebende Wirkung verlangten, blitzten sie damit ab. Mit der kasuistischen Begründung des Gerichts, dass die Abschreibung bereits stattgefunden habe: «Bei dieser Ausgangslage liegt eine qualifizierte zeitliche Dringlichkeit nicht mehr vor.» Gesuch abgewiesen.

Als sei das nicht genug der Ironie, verlangte die Finma für die Auskunft noch eine Gebühr von 500 Franken.Auf Deutsch: Ihr hättet halt schneller zum Gericht rennen müssen. Nur: Die CS informierte ihre Investoren nicht über den Entscheid der Finma vom 19. März. Also besassen diese gar keinen offiziellen Beschluss, gegen den sie hätten rekurrieren können. Noch absurder: Als Investoren forderten, eine Kopie dieser Entscheidung zu bekommen, verweigerte ihnen das die Finma. Begründung: Sie seien gar nicht Teil des Vorgangs.

Als sei das nicht genug der Ironie, verlangte die Finma von den Investoren, denen sie sechzehn Milliarden abgezwackt hatte, für diese Auskunft noch eine Gebühr von 500 Franken. Darüber hinaus existiert ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen der CS und der Finma. Die CS hat bislang mit Einsprüchen durch ihre Grosskanzlei Homburger verhindert, dass die geschröpften Investoren in diese Dokumente Einsicht nehmen können. Darum wird weiterhin vor dem Bundesverwaltungsgericht gekämpft.

 

Kläger mit guten Chancen

Während die CS wie ein Löwe für die Boni kämpfte und mit guten Argumenten bestritt, dass die Voraussetzungen für den Totalabschreiber der AT-1-Bonds überhaupt gegeben seien, rührte sie keinen Finger für ihre Investoren und Kunden. Im Gegenteil, sie führte hier die Anweisungen der Finma blitzschnell aus, so dass die Besitzer dieser Titel am 20. März damit konfrontiert wurden, dass die Bonds aus ihren Depots verschwunden waren. Nun müssen diese Investoren viel Geld ausgeben, um auf dem Gerichtsweg überprüfen zu lassen, ob dieses Verhalten von CS und Finma rechtens war.

Das ist und bleibt die Sechzehn-Milliarden-Frage. Bei diesem dubiosen Verhalten von Bank, staatlichen Behörden und Bundesrat ist die Chance hoch, dass am Schluss der Steuerzahler via Staatshaftung dazu verpflichtet wird, zumindest einen Teil dieser Milliarden zurückzuzahlen. Da die Prozesse auch in den USA, in England und an anderen Orten der Welt stattfinden, stehen die Aktien für die Kläger durchaus gut.

Schlimmer noch: Ein solches Verhalten gegenüber den eigenen Investoren und Kunden – Kampf um die eigenen Boni, Wurstigkeit bei deren Verlusten – wirft ein schlechtes Licht auf den ganzen Finanzplatz Schweiz.

 

Dieser Artikel basiert auf den Recherchen von Dario Item, Antigua.news.

Die 3 Top-Kommentare zu "Die 16-Milliarden-Frage"
  • Edmo

    Die CS hat sich schon 20 Jahre lang nicht mehr für ihre Kunden und Investoren eingesetzt. Der Laden war schon ewig nur noch ein Sammelbecken für Betrüger und Boni-Abzocker. Mit meinen CS-Aktien hatte ich bereits 98% Verlust eingefahren, als der klägliche Rest vom kriminellen Staat mit seinen unfähigen Behörden final halbiert wurde.

  • Ex Tessiner Mittelständler

    Die CS, eine grosse Schweizer Bank. Ihre "Manager"? Die Haben meine Ersparnisse (Aktien) für das Alter, jetzt also, "rechtmäßig geraubt" und kommen ungeschoren davon.

  • UKSchweizer

    Mein Vermögen steckt in Immobilien. Habe nur mehr oder weniger bar auf der Seite, für den Fall, dass es mich im Altersheim zusätzlich kosten würde.