Bern

Seit 32 Jahren regieren in Bern SP und Grüne. In diesen drei Dekaden hat sich die Bundesstadt zu einem Eldorado für linke Ideen, Fantasien und Abgründe gemausert. So hat das Berner Parlament auf Antrag der Alternativen Linken kürzlich beschlossen, dass alle Werbeplakate aus der Stadt verschwinden müssen. Nur politische und kulturelle Plakate sollen künftig aufgehängt werden dürfen. Die Exekutive entschied derweil, aus Seenot gerettete Menschen direkt aufzunehmen. Und die Beamten schickt man mit 63 Jahren in Pension – ohne Kürzungen der Leistungen, versteht sich.

Was dieses linke Utopia interessanterweise noch nie hatte: eine Stadtpräsidentin – oder wenigstens jemanden, der sich so gelesen hätte. 2016 unternahm die SP alles, um ihren Star Ursula Wyss ins Amt zu hieven und den Sitz des populären Alexander Tschäppät zu verteidigen. Die Mission floppte, der Grüne Alec von Graffenried kochte seine Konkurrentin ab.

 

Rückkehr der Roten

Jetzt nehmen die Genossen einen neuen Anlauf. Marieke Kruit fordert den 61-jährigen ehemaligen Nationalrat im November zum rot-grünen Bruder- und Schwesternkampf heraus. Die 56-jährige Gemeinderätin (Regierung) soll die Scharte von 2016 auswetzen: erste Frau und eine Rückkehr der Roten an die Spitze der Kapitale. Seit den fünfziger Jahren hatten mit einer Ausnahme alle Berner Stadtpräsidenten ein sozialdemokratisches Parteibuch.

Die Psychologin wuchs in Turbach bei Gstaad auf. Ihre niederländischen Eltern führten ein Hotel, das über die Kantonsgrenzen für ihre Röstispezialitäten bekannt war. Erst als Schulkind lernte sie Deutsch, noch heute hört man einen leichten Akzent. Zuerst arbeitete sie beim Berner Regionalradio und moderierte später die Nachrichtensendung von Telebärn.

Laueners Entlassung trieb seine Frau zur Weissglut: Kruit werde Berset nie verzeihen, sagen Insider.

Ihr Status als lokaler Promi schadete ihr sicher nicht beim Einstieg in die Politik. 2013 schaffte sie auf Anhieb den Sprung in den Stadtrat (Parlament). Zu dieser Zeit entschied sich auch ihr Mann – Peter Lauener – zu einem Karriereschritt. Der damalige Kommunikationsleiter des Gewerkschaftsbunds (SGB) wechselte zu Alain Berset, um für den Innenminister als Kommunikationsberater zu arbeiten.

In der Folge wurde Lauener rasch zum wichtigsten Spindoktor im Bundeshaus und wich nie von Bersets Seite. Anfang Januar 2021 erreichte das Ehepaar Kruit/Lauener den Höhepunkt: sie als neues Mitglied der Stadtberner Regierung, er als Einflüsterer des einflussreichsten Bundesrats und Corona-Lenkers.

Zwei Jahre später folgte der jähe Absturz. Nach Indiskretionen im Zusammenhang mit Pandemiemassnahmen liess Berset seinen treuen Gehilfen fallen. Eine Schmach und Ungerechtigkeit, die seine Frau zur Weissglut trieb: Kruit werde Berset nie verzeihen, sagen Insider.

 

An der Marktgasse 38 gesichtet

Lauener versuchte in den letzten Monaten wieder Fuss zu fassen. Obwohl es nach einigem Tohuwabohu hiess, er habe sein Engagement bei der Kommunikations- und Politikagentur Les Tailleurs Communication nach kurzem Gastspiel wieder beendet, wird er regelmässig am Sitz an der Marktgasse 38 in Bern gesichtet. Als Verwaltungsratspräsident der Firma amtet Ex-SVP-Grossrat, Ex-BDP und heute Mitte-Nationalrat Lorenz Hess, der wiederum beste Kontakte zur in der nationalen Politik omnipräsenten Agentur Furrerhugi hat.

Ein realistisches Szenario: Der gefallene, gedemütigte und vorgeführte Lauener feiert in einigen Monaten ein Comeback als First Man von Bern. Wieder etwas im Schatten einer anderen Persönlichkeit – dieses Mal seiner Frau –, aber immerhin.

Eine einfache Übung wird es jedoch nicht. Der amtierende Stadtpräsident Graffenried ist mit allen Wassern gewaschen. Schon vor acht Jahren gelang es ihm durch geschicktes Taktieren, die letzten verbliebenen bürgerlichen Wähler auf seine Seite zu ziehen und gegen die höher bewertete Wyss zu reüssieren. Von Graffenried gibt sich kampfeslustig und lässt vom prächtigen Stadtpalais Erlacherhof, dem Amtssitz des Stadtpräsidenten, verbreiten, er fühle sich «vögeliwohl», sein Amt mache ihm «extrem Spass».

Wenn zwei sich streiten, könnte eine Dritte lachen. Nach 32 Jahren linker Dominanz hat sich der bürgerliche Block zusammengerauft, um das Rennen aufzumischen. Denkbar, so ist in Bern zu hören, dass sie ihre aussichtsreichste Kandidatin, die Grünliberale Nationalrätin Melanie Mettler, gegen von Graffenried und Kruit antreten lassen. Angesichts des Frusts über die rot-grünen Eskapaden werden ihre Chancen von Beobachtern als durchaus intakt beurteilt.

Die 3 Top-Kommentare zu "Eine Niederländerin aus Gstaad will Bern regieren"
  • Senecia

    Es gibt eine ganz einfache Formel, die da heisst, keine Doppelbürger mehr in die Schweizer Politik. Dass man "Politikern" , deren Herzen in zwei Ländern zu Hause sind, nicht gut fährt, sollte sich mittlerweile genug bewiesen haben.

  • Burn Hard

    Für mich eines der widerlichsten Beispiele der Linken (und was es alles sonst noch dabei aufsaugt bis zur Mitte und FDP) in der Stadt Bern. Alle relevanten Namen werden im Text genannt: Zertifikats-Hess, EU-Furrer-Hugi, Kehrichtsackdebakel-Kruit, BR-Leaks-Lauener und Pseudo-Grün-USA-Reisender von Graffenried. Ausblick und meine Behauptung: es wird sowieso nicht besser in der Stadt Bern.

  • herby51

    Dass das nicht passiert ist Aufgabe der SVP!