Charles Rolls, so erzählt man, träumte schon vor 120 Jahren von einem Elektrofahrzeug, weil seiner Meinung nach die Mischung aus vibrationsarmem Antrieb und dem leisen Fahrverhalten der E-Maschine ideal für einen hochwertigen Wagen sein sollte. Der Unternehmer und Rennfahrer, der 1904 zusammen mit Henry Royce den wohl prestigeträchtigsten Automobilhersteller der Industriegeschichte gründete, hat spät recht bekommen.
Vergangene Woche durfte ich zum ersten Mal den 2023 lancierten Rolls-Royce Spectre fahren, das erste rein elektrisch betriebene Modell der Marke. Eine interessante Ausgangsfrage scheint mir dabei zu sein, ob die Kunden von Luxusautomobilen bereit sind, rund eine halbe Million Euro für ein Fahrzeug zu bezahlen, das anstelle des bisher unvermeidlich scheinenden V12-Motors von einer E-Maschine angetrieben wird, die sich nicht wesentlich vom Elektromotor in einer Waschmaschine unterscheidet.
Rolls-Royce, so wirkt es schon nach wenigen Metern, ist dieses Kunststück scheinbar problemlos gelungen. Der Spectre ist, wie jeder Rolls-Royce, ein Statement der Handwerkskunst. Aus technischen Gründen etwa bräuchte es keinen Kühlergrill, es gibt ihn aber dennoch, und er ist aus poliertem Edelstahl gefertigt und wird nachts dezent beleuchtet. Im Innern des rund 5,5 Meter langen Coupés, das in meinem Fall in «Twilight Purple» lackiert ist, sitze ich in schneeweissen Ledersitzen und blicke auf ein Cockpit, dessen Akzentfarben sich jetzt nach Kundenwunsch programmieren lassen. Hier sind sie zart-violett gehalten.
Insgesamt ist der Spectre durch und durch ein Rolls-Royce, nur dass er zufälligerweise halt von zwei Elektromotoren anstelle eines grossen Zwölfzylinders in Bewegung versetzt wird. Dies geschieht mit gewohnt spektakulärer Mühelosigkeit. Mit 430 kW (584 PS) und 900 Nm ist das rund drei Tonnen schwere Coupé ausreichend motorisiert und bewegt sich dabei erst noch in schier atemberaubender Stille. Einzig der Wind ist auf der Landstrasse zu hören, wie er leise über die senkrecht stehenden Aussenspiegel weht.
Wenig könnte weiter von meiner Lebenswirklichkeit entfernt sein als die Möglichkeit, einen elektrischen Rolls-Royce zu fahren. Wenn ich dazu in der Lage wäre, würde ich ihn vermutlich aber vor allem deswegen mögen, weil auch der Spectre dieses Fahrgefühl erzeugt, das absolut einmalig ist. Leicht entkoppelt von der harten Realität des Asphalts, gleitet das Auto dahin, «magic carpet ride» nennen es die Briten. Und letztlich ist diese Form der Fortbewegung – neben der entspannenden Stille natürlich – eine recht hochentwickelte Form des Luxus.
Diese Autotests sind ja irgendwie interessant, und man freut sich mit dem Beglückten, aber Hand aufs Herz: braucht man Expertenberichte über Fahrzeuge, die sich nur Millionäre leisten können? Ich schätze Prüfberichte über Normalverbraucher-Fortbewegungsmittel, die sind wenigstens anwendbar für den Durchschnittsverdiener. Vehikel wie dieses sind Exoten, die ein paar Dutzend Begüterten vorbehalten sind.
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Diese Autotests sind ja irgendwie interessant, und man freut sich mit dem Beglückten, aber Hand aufs Herz: braucht man Expertenberichte über Fahrzeuge, die sich nur Millionäre leisten können? Ich schätze Prüfberichte über Normalverbraucher-Fortbewegungsmittel, die sind wenigstens anwendbar für den Durchschnittsverdiener. Vehikel wie dieses sind Exoten, die ein paar Dutzend Begüterten vorbehalten sind.