Lobeshymen auf unsere Beamten sind selten angebracht. Aber es gibt sie tatsächlich, die vorausdenkenden und effizienten Staatsangestellten. Deshalb sei zur Abwechslung auch einmal ein Lichtblick erlaubt und nicht nur immer Kritik, die leider nötig ist, um Probleme aufzugreifen. Es geht um die simple Erneuerung einer Identitätskarte oder eines Passes.

Diese Tage erhielt ich von der Gemeinde einen Brief, in dem ich darauf hingewiesen wurde, dass meine ID demnächst ungültig würde und deshalb eine Erneuerung angebracht wäre. Sie machte darauf aufmerksam, dass ein Bezug am Schalter der Gemeinde günstiger wäre als über das offizielle Passbüro, das sich in der Stadt befindet.

Und falls kein passendes Foto für die Erneuerung vorhanden sei, könne man auch auf dem Gemeindeamt ein solches erstellen lassen. Was im Brief nicht stand: «Auch Ihre Zeit ist kostbar, und eine Reise in die Stadt kostet fast einen halben Tag.» Das vergessen viele Beamte immer wieder.

Als ich diesen Brief las, erinnerte ich mich sogleich an einen Beitrag in den sozialen Medien, der unlängst den administrativen Aufwand zur Beschaffung einer ID oder eines Passes in der Schweiz mit jenem in Deutschland verglich. Hier die Erfahrungen eines Doppelbürgers, der in der Schweiz und in Deutschland einen Pass anforderte.

In der Schweiz habe er den Antrag am Sonntag online eingereicht. Am Montag sei die Bestätigung eingetroffen mit der Möglichkeit, einen Termin zu buchen. Am Mittwoch hatte der Antragssteller bereits einen Termin zur Aufnahme der biometrischen Merkmale. Dafür benötigte er vom Eingang ins Gebäude bis zur Bezahlung der Rechnung vier Minuten. Am Freitag hatte er bereits die ID beziehungsweise am Montag der Folgewoche den Pass im Briefkasten. Ich kann diese Effizienz nur bestätigen, denn ich habe diesen Prozess auch schon durchlaufen.

Nun die deutsche Version: Vorerst galt es eine Anleitung im Internet für den Prozess zu studieren, wobei man sich beim Lesen sehr konzentrieren musste, das für den Antragsteller Relevante herauszufiltern. Nach vier Versuchen gelang es, online einen Termin in sechs Wochen zu ergattern. X-mal musste der Antragssteller einen Captcha eingeben, und dreimal erhielt er beim Absenden des Formulars im letzten Schritt eine Fehlermeldung, weil er angeblich die Browser-Zeile modifiziert habe.

Wenn der Termin wahrgenommen wird, soll der Reisepass dann in sechs bis acht Wochen zugeschickt werden. Für die gleiche Leistung benötigen die Beamten in Deutschland somit über drei Monate. Der Beitrag in den sozialen Medien endete mit der Bemerkung: «Ich denke, da gibt es schon das eine oder andere, was sich Deutschland von der Schweiz abschauen kann.» Dem gibt es nichts beizufügen.

Wie erging es mir nun bei meinem Besuch auf der Gemeindekanzlei? Innert Kürze wurden die Personalien überprüft und von der Gemeindebeamtin von der alten auf die neue ID übertragen. Ich wurde sogar gefragt, ob ich den eingetragenen Bürgerort oder allenfalls lieber meinen zweiten Bürgerort im neuen Reisedokument aufführen möchte.

Aber dann tauchte ein Problem auf: Mein mitgebrachtes Passfoto entsprach zwar dem vorgeschriebenen Mass, aber auf dem Lichtbild waren meine Zähne sichtbar, was offensichtlich gemäss internationalen Abkommen nicht zulässig ist. Aber dieses Problem konnte schnell behoben werden. Die Beamtin forderte mich auf, mich vor eine weisse Wand zu stellen, und sie machte rasch ein passendes Foto, ohne Sicht der Zähne. Als ich für das Fotografieren bezahlen wollte, stellte sie klar, dass dies ein Dienst der Gemeinde sei, denn ich hätte ja ein grössenmässig richtiges Foto mitgebracht. Also keine Zusatzkosten-Schacherei.

Zwei Tage später hatte ich die ID, die vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartment in Bern ausgestellt wurde, im Briefkasten.

Bravo!

Die 3 Top-Kommentare zu "Bravo, Beamte! Hier lesen Sie, warum unseren Staatsangestellten für einmal ein grosses Lob gebührt"
  • Der grösste Teil der Behörden ist in der Regel freundlich und hilfsbereit. Die negativsten Erfahrungen macht man heute am Telefon mit dem "Kundendienst" der Grossfirmen, der des Öfteren recht unfreundlich, wenig hilfsbereit und nach langen Wartezeiten im Allgemeinen vor allem verkaufen, aber nicht helfen will und das wollen sie auch noch verrechnen (per Telefongebühren). So erfahren bei Salt. Hingegen waren sowohl Steueramt als auch Passbüro immer freundlich und Anliegen innert Kürze gelöst.

  • 😢◕‿◕😢

    Ist das nicht eigentlich das normalste der Welt? Wir müssen uns nicht mit den schlechtesten Ländern der Welt vergleichen!

  • pSz

    In der Stadt Bern hat man die neue ID nicht im Briefkasten, sondern die Abhol-Einladung von der Post, weil die ID eingeschrieben kommt; und man nicht Daheim war, wieder mal. Dass man ein Foto mitbringen darf (von 1980…😅) ist mir neu: Es wird immer vor Ort ein aktuelles gemacht. Sonst läuft alles gleich wie beschrieben.